In einem im britischen „The Guardian“ erschienen Interview gewährte der selbst-ernannte „Musikrevolutionär“ David Guetta während der Miami-Music Week der Presse Einblick in sein Weltbild und Verständnis der Geschichte der elektronischen Musik. Schon einmal ging so etwas gehörig schief, als etwa der „Che Guevara des MusikBiz (Eigendefinition), bzw. „beste Fönwelle am CD.Player“ (Fremddefinition) vor einem halben Jahr schwadronierte, wie anstrengend und unbefriedigend das Leben als Superstar denn nicht sei.
Dass sich die halbe Musik-Welt schon damals verwundert am Kopf kratzte, hat David „Oh everything is so crazy“ Guetta offenbar nicht genügt, und drum hat er sich´s diesmal gleich mit echten Ikonen des Techno-Kosmos angelegt – mit Underground Resistente (UR) aus Detroit.
Neben der fast schon gewohnten Selbsteinschätzung, er und niemand anderer habe die Technowelt gerettet schwadroniert der Mann dabei über die Gründe, warum EDM/electronic Dance Music mal einige Jahre einen Knick erfahren hatte. Beinhart kommt er dabei zu dem Schluss, das habe daran gelegen, dass die Herpes aus den 1990ern Techno „für sich behalten“ wollten und jedem kommerziellen Erfolg mit Misstrauen begegnet seien – und, gleich als plastisches Beispiel an Leuten wie Underground Resistance, die sich immer viel zu wichtig genommen hätten.
In einem Facebook-Post schlug daraufhin UR-Artist Claude Young am Donnerstag zurück: „Ohne UR/Underground Resistance würdest du heute Gitarre spielen, David, du #*+@…!“ richtet er dem Mann mit der nach Karl Heinz Graser am besten sitzenden Fönwelle aus und kündigt gleich seinen Fans an, jeden aus seiner Facebook-Freundschaftsliste zu streichen, der David Guetta in seiner Friendlist hat.
In knapp 24 Stunden bekam Claude Youngs Post mehr als 150 „Ilkes“ und 120 Comments, die allesamt für „Mr. Titanium“ nichts Gutes versprechen: So kündigen einige britische Fans Herrn Guetta einen „würdigen Empfang“ bei seinen bevorstehenden Gigs auf der Briteninsel an.´
Aber auch weniger „enthusiastische“ Fans scheinen sich David Gretas Weltbild nicht wirklich anschliessen zu können: Das hauptsächlich darin besteht, darüber zu jammern, dass auch er im Underground aufgewachsen sei, und durchaus auch heute noch hie und da wirklich schräg klingende Produktionen auf die Festplatte schreibe. Vor allem aber spricht Guetta im Interview gerne darüber, wie er seiner Meinung nach EDM dadurch gerettet habe, dass er elektronische Musik massentauglich gemacht habe, dass ihn das zum Musikrevoutionär mache, und wie sehr die Herpes der 1990er dagegen gegen ihn absackten, die Techno sozusagen mit ihrem „Spirit“ an den Rand des Abgrunds geführt hätten.
Auch weniger fanatischen Fans in Claude Youngs Facebook-Post zufolge beweise Guetta damit, dass er, sei er wirklich im 1990ties-Underground aufgewachsen, diesen dann aber noch nicht mal ansatzweise kapiert habe: Und tatsächlich ist es wahr, dass auch die Herpes der 90er kommerziellen Erfolgen gegenüber nicht abgeneigt waren – weder Sven Väth noch Carl Cox nagen heute am Hungertuch – und auch UR hatte nichts gegen DJ Rolandos Megahit „Knights of the Jaguar“ einzuwenden. Es ist nur einfach so, dass UR einen Großteil der Einnahmen etwa dazu verwendete, einen heruntergekommenen Stadtteil in Detroit zu beleben, und Leuten, die durch den Rost von Marktwirtschaft und Politik gefallen waren, Jobs zu geben. Und sich so sowie generell immer für Anliegen engagierten, die heute in den Händen der „Occupy“-Bewegung liegen – mit besserem Soundtrack allerdings.
Eine Haltung, die dem reichsten DJ der Welt wohl auch nicht schlecht anstünde, und über die er auf seinen entspannten Reisen im Privatjet relaxed nachdenken könnte.
Auch könnte David Guetta die Zeit im Privatjet, wenn er Anfang Juni nach London flattert, zum Verfassen eines Facebook-Eintrags af Claude Youngs Post nützen – bislang schwieg sich der „Biggest DJ on Earth“ dazu aus. Auch unklar ist, ob Guetta vor einem seiner nächsten Gigs der die Herzen brechenden Strategie jenes Mannes, dessen Fönwelle noch besser sitzt als seine, folgt – und etwa Leserbriefe von Fans vorliest, die ihm attestieren, einfach „zu schön, zu jung und zu intelligent“ zu sein, als dass ihn die Techno-Heroes der 1990er verstehen könnten…. [;)]
euer DJ Hillberg!