Krautrock Masters and Echoes

Krautrock & Echoes

KrautrockDeutschland – Ende der 60er Jahre. Im Untergrund der Musikszene begann es zu brodeln. Kraut-Rock nannte man den Bastard. Er nährte sich von allem, was in jener Zeit durch junge Köpfe geisterte, verarbeitete Einflüsse von Dutschke bis Hendrix, von LSD-Sounds bis zum Free-Jazz, von ethnischen Elementen bis zu Anleihen aus moderner E-Musik.

Kraftwerk, Can, Amon Düül, Tangerine Dream, Neu!, Faust – die Musik dieser Bands war roh und experimentell und klang anders als die von Velvet Underground, Jefferson Airplane, Zappa, Cream oder Pink Floyd. Inspiriert von Psychedelia, Mystik, Science Fiction und Religion erkundeten kosmische Kuriere damals am liebsten andere Welten und Galaxien. Möglichst weit weg von der Last der jüngeren deutschen Geschichte und von der Vorherrschaft angloamerikanischer Einflüsse. Klaus Schulze, Pionier elektronischer Popmusik und Ur-Mitglied von Tangerine Dream, erinnert sich:

„Wo man früher einen Gitarristen, Bassisten und ‘nen Schlagzeuger gesehen hat, sitzt da auf einmal einer allein mit tausend Kabeln so rumgesteckt. Da laufen Lichter, die blinken. Und das macht der ganz allein. Eine Stunde lang macht der’n Stück. Und das bringt dich natürlich in Trance. Das ist schon richtig, aber es hatte für uns nichts mit hochgeistiger oder meditativer Sache zu tun. Es war einfach unser neues Musikgefühl, unsere neue Möglichkeit, ‘ne andere Musik zu schaffen. Und wir haben schon Spaß dran gehabt.“

Sehr schöne BBC Doku zum Krautrock gibt’s hier. Anekdoten und Zoten aus den wilden 70er. Unter anderem mit Stockhausen, Klaus Schulze, Tangerine Dream, Holger Czukay, CAN und natürlich Kraftwerk. Unschlagbar: Iggy Pop mit Kokosnuss und Bohrmaschine …

Inmitten der Studentenunruhen, Protestmärsche, Aufstände und Krawalle des Jahres 1968 hatten Tangerine Dream ihren ersten Auftritt an der Technischen Universität Berlin. Auf den Essener Songtagen spielte im gleichen Jahr die Münchener Polit-Kommune Amon Düül wilde Freakout-Musik. In Köln beschlossen die Stockhausen-Schüler Irmin Schmidt und Holger Czukay, zusammen mit dem Rock-Gitarristen Michael Karoli und dem Jazz-Drummer Jaki Liebezeit die bis heute weltweit enorm einflußreiche Band Can zu gründen.

Durch die Avantgardisten von Kraftwerk nahm in Düsseldorf eine Form von rein synthetischer, elektronischer Musik Gestalt an, die so wichtig wie keine andere Popmusik aus Deutschland werden sollte und die Basis für HipHop, New Wave und Techno legte. Gleich nebenan entwickelten Michael Rother und Klaus Dinger mit ihrem legendären Duo Neu! einen einzigartig hypnotischen Groove, der coole Rock-Bands nach wie vor beflügelt. Die Wohngemeinschaft Faust zimmerte abgeschieden in der Lüneburger Heide auf Ölfässern und Metall-Schrott einen radikalen Kraut-Rock, der zuerst in England reüssierte und später Bands wie die Residents und die Einstürzenden Neubauten inspirierte. Jean-Hervé Peron, damals der Bassist von Faust, vergegenwärtigt sich das seinerzeit herrschende Lebensgefühl in der Gruppe:

„Wir waren jung, wir waren kompromisslos! Haha, fuck it all! Wir waren verzehrt von einem inneren Feuer, das keiner löschen konnte! Auch nicht mit Geld und auch nicht ohne Geld. Oder mit Drogen, oder sonstwas. Es war alles nicht schwierig, es war selbstverständlich: Die Welt gehört uns und die Welt wartet nur auf uns!“

Im idyllischen Weserbergland schufen Dieter Moebius und Hans-Joachim Roedelius mit ihren Projekten Cluster und Harmonia, die seinerzeit mit Brian Eno kollaborierten, magische Momente elektronischer Musik, die bis in die Klanglabore dieser Tage fortwirken. Und das sind nur einige Beispiele für deutsche Bands und Musiker mit ganz eigenen musikalischen Visionen, die Anfang der 1970er Jahre nicht nur im Inland, sondern auch international für Furore sorgten. Michael Rother, Mitglied der Bands Kraftwerk, Neu! und Harmonia, rekapitituliert noch einmal:

„Die Aufbruchstimmung, die es zu der Zeit gab, von ‘68 weitergehend, hat das alles sicherlich ermöglicht, auch die Durchsetzung innerhalb der Musikwelt. Es war ein Klima des Aufbruchs, das kann man rückblickend schon so einwandfrei festhalten. Einige waren mutiger, radikaler, und andere traditioneller. Es war auf jeden Fall eine Zeit, in der nach vorne geguckt und der Versuch unternommen wurde, kulturelle Identität im weitesten Sinn auch in Deutschland von diesen modern orientierten Musikern zu kreieren.“

Seit den 1990er Jahren erfährt Kraut-Rock, dieser Soundtrack der Revolte, „Testament einer visionär aufflammenden Befreiungslust“ (Die Zeit), besonders in England, Japan und den USA ein anhaltendes Revival. Im progressiven Sound bedeutender Bands wie Sonic Youth, Radiohead, Flaming Lips, Stereolab, LCD Soundsystem, oder Portishead kann man seinen Geist und Pulsschlag, seine Echos, ebenso spüren wie in den Arbeiten einer neuen Generation von Klangforschern wie Fujiya & Myagi, Gravenhurst, Cloudland Canyon, White Rainbow, oder hierzulande bei Mouse on Mars, To Rococo Rot und International Pony.

Krautrock Masters and EchoesArtist: V.A.
Title: Krautrock Masters & Echoes
VÖ: 18.12.2009
Vertrieb: Edel

 

 

 

 

 

 

 

MASTERS
1. Guru Guru – 200 Cliches
2. La Düsseldorf – Silver Cloud
3. Michael Rother – Katzenmusik 8
4. Embryo – You Don’t Know What’s Happening
5. Neu! – Seeland

  1. Kraan – Andy Nogger
  2. Amon Düül ll – Kanaan
  3. Thirsty Moon – It Was Love
  4. Faust – It’s a Rainy Day (Sunshine Girl)
  5. Klaus Schulze – Floating
  6. Agitation Free – A Quiet Walk

ECHOES
1. Gravenhurst – The Velvet Cell
2. Stereolab – Metronomic Underground
3. LCD Soundsystem – Tribulations
4. To Rococo Rot – Mit Dir In Der Gegend
5. Fujiya & Miyagi – Electro Karaoke
6. Secret Machines – Now Here is Nowhere
7. Terranova – Das Plan
8. White Rainbow – Warm Clicked Fruit
9. Jesus And Mary Chain – Mushroom
10. The Horrors „Sea Within A Sea“
11. International Pony – Gothic Girl
12. Cloudland Canyon – Krautwerk
13. John Frusciante – 23 Go In To End