Raubkopien verhindern Wachstum in der Musik-Industrie

No CopyWenigstens zum 25. Geburtstag der Compact Disc gab’s versöhnliche Worte aus der Musikindustrie: „Auch wenn das digitale Geschäft zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die CD nach wie vor mit großem Abstand der beliebteste Tonträger mit einem Umsatzanteil von 85 Prozent. Die CD für tot zu erklären ist ungefähr das Gleiche, wie einem 50-Jährigen zum Geburtstag einen Sarg zu schenken“, sagte Michael Haentjes, Vorstandsvorsitzender der deutschen Phonoverbände, anlässlich des  Geburtstages der Silberscheibe am 16. August in Berlin.

Gleichzeitig haben die Firmen das „böse Internet“ schon als Heilsbringer der Branche ausgemacht. Die Downloadumsätze stiegen nach Angaben der Phonoverbände im Jahr 2006 um 40 Prozent auf 42 Millionen Euro, das entspricht etwa 27,1 Millionen Musik-Dateien. Die geschätzte Zahl der illegalen Downloads sanken in der gleichen Zeit von 412 Millionen auf 347 Millionen. Auf einen legalen kommen aber immer noch 14 illegale Downloads.
Angesichts dieser Zahlen steckt der neue Heilsbringer Internet offensichtlich noch in den Kinderschuhen. Zu unkontrollierbar ist dieser Markt, auf dem es nur von Raubkopien wimmelt, weil gar keine physischen Produkte mehr erstellt werden müssen und Dateien schnell und meist auch unkompliziert kopierbar sind. Deshalb kann der Downloadmarkt den Umsatzrückgang bei den klassischen Tonträgern noch nicht kompensieren, der Branchenumsatz ging 2006 im Zuge dessen im Vergleich zum Vorjahr leicht um 2,4 Prozent auf 1,706 Milliarden Euro zurück. „Trotz unserer Erfolge bei der Eindämmung der Internet-Piraterie blockieren die hohe Zahl illegaler Downloads und der weiter wachsende Anteil von Privatkopien nach wie vor den Turnaround“, sagte Peter Zombik, Geschäftsführer der deutschen Phonoverbände.
Aus dieser Not machen besonders kleinere Vertriebe und Plattenfirmen eine Tugend. Während sich die großen Fische im Geschäft darauf verlassen können, dass Robbie Williams,  Madonna und die anderen Mega-Stars schon genügend CDs verkaufen werden, um wenigstens die Produktionskosten und die Gage zu decken, haben es Neulinge im Geschäft immer schwerer. Sollte ein Produkt (also eine Band) überhaupt als marktauglich (also als cool) eingestuft werden und einen Plattenvertrag bekommen, so werden viele Alben gar nicht mehr auf CD produziert, sondern lediglich und ausschließlich als Download-Datei angeboten. Besonders dann, wenn die Vertriebe davon ausgehen, dass vielleicht nicht ganz so viele CDs verkauft werden, wie das ein Robbie Williams schafft. Und beim Verkauf der CDs hilft auch das neue Medium Internet nicht wirklich. Wenn das Web auch mit 17,9 Prozent (2005: 16,8 Prozent) Umsatzanteil zweitwichtigster Vertriebskanal hinter den Elektrofachmärkten mit 30 Prozent (2005: 30,8 Prozent) geworden ist. Ganz zum Leidwesen des Fachhandels, den immer weniger Kunden besuchen.
Relativ stabil erscheint hingegen der Vinyl-Markt. Nach fatalen Umsatz-Einbrüchen in den vergangenen Jahren haben die Plattenfirmen ihren ehemals immensen Produkt-Ausstoß eingeschränkt und können sich weiterhin auf ihre Stammkundschaft – Vinyl-Fans und Discjockeys – verlassen. Besonders letzteren sollen nun nach Ansinnen einiger großer Vertriebe einen weiteren Kaufanreiz geboten werden: Die Vertriebs-Konkurrenten Intergroove, Neuton, Wordandsound, Kompakt und Groove Attack haben sich zur Initiative „Pro Vinyl“ zusammengefunden und wollen jetzt den kommerziellen Download ihrer Produkte erst 14 Tage nach dem Erscheinen des physischen Produkts bereit stellen. Zumindest in der schnelllebigen Clubkultur gäbe das den treuen Vinyl-Käufern unter den DJs einen enormen Vorsprung gegenüber ihren Konkurrenten.