Der Tod der DJ Mix CD? DJ Dixon = Temporary Secretary

Der Tod der DJ Mix CD? DJ Dixon = Temporary Secretary

Wie Sand am Meer.

Dies könnte eine prägnante Aussage über den Sinn einer DJ Mix CD heutzutage sein. In der Geschichte der Menschheit war der Zugang zu Musik noch nie leichter. Vor allem, wenn man nicht dafür bezahlen will. Das Internet ist voll mit veröffentlichten und unveröffentlichten Platten, mit Abonnements für monatliche, wöchentliche oder tägliche Podcasts und auch mit Mixtapes von fast jedem aufstrebenden, erfolgreichen oder legendären DJ/Produzenten.

Manche Seiten verkünden schon den Tod der DJ Mix CD.

Darüber hinaus hauen die Labels und Produzenten, statt langsamer zu machen, weiterhin ihre Musik schnell und schneller raus. Die moderne Saga und Techno-Überlieferung über die Platte, die nach zwei Wochen überholt ist, ist zur rauen Wirklichkeit geworden.

Warum sich also überhaupt damit quälen?

Warum sich mit Lizenzierung befassen und Künstlern bei der Entscheidung helfen, wie und was sie auf einer CD zusammenstellen, wenn diese schon veraltet sein könnte, bevor sie die Fabrik in der Zellophanhülle verlässt?

Oder anders gesehen:

Warum sein schwer-verdientes Geld für ein Produkt ausgeben, das auf jeder DJ-Internetseite oder Torrent Schleuder zugänglich und kostenlos und nur ein einfaches Klicken der Maus über die herkömmlichen peer-to-peer Quellen entfernt ist?

Weil es eben immer noch den Unterschied macht.

Wenn sich Künstler und Label entscheiden Zeit, Energie und nicht zuletzt auch Geld in ein Mix CD Projekt zu investieren dann doch weil mehr Herz und Idee drinsteckt (stecken sollte) als in den wöchentlich rausgeklopften zahnlosen Stimme-von-Ibiza Podcasts und zahllosen Promo Mixen mit denen Booker und sonstige einen bomardieren.

Temporary Secretary DJ Dixon “Temporary Secretary” ist die Antwort.

Sein erstes „offizielles“ Mixtape, seit er „Body Language“ („Get Physical“) zusammenstellte und alle verschiedenen Aspekte im Laufe einer Nacht und seine besondere Dramaturgie sehr ausführlich darstellte. “Temporary Secretary” ist genauso gut.

Der Mix ist absichtlich ein Schnappschuss.

Weder dazu verpflichtet, ein striktes Clubset zu sein, das für jegliche Tanzveranstaltung passt, oder als Nachfolger zu „Body Language“ fungiert, noch dafür entworfen, einem bestimmten Konzept zu folgen wie es „Grandfather Paradox“ in der Geschichte der Minimalmusik tat, ist „Temporary Secretary“ ein drittes Genre.

dixon_temporary_secretDixon schneidet und beschneidet die Teile der Lieder und Tracks und stellt sie auf eine Art zusammen, wie es in einem Club mit Turntables oder CDs bestimmt nicht möglich wäre, vor allem nicht auf die Schnelle.

Er vereinigt das Wesentliche von genau dem, was ein DJ mit Musik treiben sollte: einen besonderer Eindruck hinterlassen. Was früher eine Kunstform von Vorgängern wie Shep Pettibone oder den Latin Rascals mit Band, Rasiermessern und Tonbändern für ihre Radioshows in New York war, wird jetzt von Dixon auf das nächste Level gebracht.

Mit einer Matrix ausgestattet, die normalerweise nur an bestimmte Remixer weitergegeben wird, ist der Ratsvorsitzende von Innervisions befugt, diese nach Belieben zu verwenden. Fast wie eine Selbstverwirklichungstour für enttäuschte DJs. Dixon behandelt, merged, mischt und ändert das Tempo auf eine Art und Weise, die es selbst für einen selbsternannten Experten schwer macht, den Anfang und das Ende mancher seiner Edits zu finden.

Was seinen Ursprung in den ruhigen und balearischen „Ongou“ hat, entwickelt sich in seinem Verlauf mit Tokyo Black Star, Âme, The Machine, Henrik Schwarz und den Junior Boys zu einem außergewöhnlich hypnotischen und überpersönlichen Mahlstrom. Nicht überraschend ist die Tatsache, dass manche dieser mash-ups nur eine Track ID haben. Precious System verschmilzt zu etwas ganz Neuem mit Ben Klock, Jazzanova und Daniel Paul werden mit mehreren unveröffentlichten Henrik Schwarz Remixteilen vereinigt, um etwas vollständig Neues entstehen zu lassen. Wer die Melodien kennen, werden die neuen Perspektiven erstaunen, und wenn nicht, wird es schwer fallen, sich eine andere Version vorzustellen.

Dies ist genau das Gefühl und die Einstellung, die ein DJ-Set der Perfektion nahe bringt: das Gefühl, dass man diese Musik auf keine andere Art genießen kann.

dixon_temporary_secret_Edits

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tracklisting:
Icasol – “Ongou”
Fever Ray – “If I Had A Heart”
Roland Bocquet – “Exotique” with Ame – “Tube Beat”
Jazzanova – “Let Me Show Ya (Henrik Schwarz Remix)” with Daniel Paul – “Something About You (Instrumental)”
Precious System – “The Voice From Planet Love” / Ben Klock – “In A While”
Junior Boys – “Hazel (Ewan Pearson’s House Mix)”
Butane – “Inferno Jack (Kalabrese Remix)”
Peter Kruder – “Law Of Return”
Kiki – “Good Voodoo (Visionquest Remix)”
Code 718 – “Equinox (Henrik Schwarz Mix)”
The Machine – “Fuse”
Cortney Tidwell – “Watusii (Daphni remix)”
Ame – “Setsa”
Tokyo Black Star – “Sepiaphone”