Paul Kalkbrenner

Paul Kalkbrenner: Vom DJ zum Kino-Star!

Endlich schafft’s mal einer! Der hauptsächlich in Berlin aufgewachsene Künstler Paul Kalkbrenner bringt unter der Regie von Hannes Stöhr Techno auf die Leinwand. Aber nicht mit einem normalen Film, sondern mit DEM authentischen elektronischen Musik Film aller Zeiten.

Es freut uns sehr, dass du bei deinem vollen Terminkalender Zeit für ein Interview gefunden hast! Erstmal, Gratulation zu deiner schauspielerischen Leistung bei Berlin Calling. Mit dem Streifen ist euch ein echt authentischer Film gelungen mit dem sich sicher viele aus der Szene identifizieren können.
Ja, vielen Dank!

Wie lange warst du in Wien? Hattest du auch ein wenig Zeit für dich oder ging es gleich wieder zum nächsten Termin?
Ich kam von den letzten drei Terminen aus Mailand, Kopenhagen und Lausanne erst um 23 Uhr in Wien an, musste dann noch ins Kino und noch spielen und bin danach auch gleich schlafen gegangen und nach Hause geflogen. Also um deine Frage zu beantworten, gleich Null!

Bei der Afterparty der Berlin Calling Premiere hast du im Fluc gespielt! Wie findest du die Wiener Partycrowd bzw. wie war der Abend für dich?
Es war ein super Abend, und weil ich auch schon so ein bisschen durch war, war ich selber so ein bisschen ungezwungen, bisschen laxer im Umgang mit meinen Knöpfen und Drehreglern und dann kriegt das ein bisschen so einen “Out of Mind Drive“ und das war sehr gut.

Du bist in Leipzig geboren, in Berlin aber aufgewachsen?
Ich war nur ein Monat in Leipzig! Also bin ich Berliner!

Wie hat dich die Stadt, die niemals ruht, in deinem Treiben beeinflusst?
Naja, wie einen der Ort der einen täglich umgibt halt richtig nachhaltig beeinflussen kann.

Ja, aber Berlin ist da ja eigentlich schon ne Ausnahmestadt, oder?
Ja jetzt so, aber ich bin ja auch meistens nicht da und da bin ich auch ganz froh drüber. Ich bin ja aufgewachsen in Lichtenberg, in Ostberlin, und da war das halt auch grau und überschaulich und dann nach der Wende auch relativ chaotisch. Ja, dann kam auch Techno und… wenn man so sagt wie die Stadt einen prägt …. also beim Musik machen ist es dann wirklich so, wenn die Musik zum Beispiel melancholischer wird, dann kann es damit zu tun haben, dass es diesig wird und es abends voll schön aussieht wenn die Straßenlaternen diese Diesigkeit anstrahlen uns es das erste Mal so richtig kalt und nass ist… das schlägt sich dann schon nieder!

Wie hat es dich auf die Seite der Live-Acts gezogen?
Ganz am Anfang mit meinen Kompagnon Sasha Funke haben wir Platten aufgelegt und so 91 wollte ich mich dann zurückziehen, da hatte ich dann so ein Break mit 18 Jahren. Da sagten dann die Eltern auch schon, dass mit der Musik ist ja ganz schön, aber ich sollte mir mal nen Job suchen. Dann hab ich als Cutter beim Fernsehen gearbeitet und als ich meine ersten Produktionen fertig hatte, das ist jetzt genau zehn Jahre her, da war für mich dann auch klar, wenn da jetzt dann auch Gigs mitkommen, dann spiel ich halt auch live.

Hättest du in deiner Vergangenheit je geglaubt irgendwann mal auch vor der Kamera zu stehen?
NEEE, ehrlich gesagt nicht!

Hat sich nach dem Film viel für dich verändert?
Ich bin eigentlich immer Schritt für Schritt nach oben gegangen, also ohne Mega-Hit. Aber eigentlich bin ich froh darüber, denn du kannst danach ja nur mehr verlieren. Die Leute erwarten einfach was von dir, du bist völlig unfrei in deinen Entscheidungen. Es ist dieses Mal schon ein größerer Schritt als die davor, da kam dann schon ein ganz schöner Bumms hinterher.

Wie ist es für dich, dass du im Moment öfter auf deine Rolle als auf deine Musik angesprochen wirst?
Eigentlich passiert das immer gleichzeitig. Also ich muss sagen dass die Journalisten da immer gleich gewichten. Sie fragen zum Film und sie fragen zum Soundtrack, und genauso war das auch gedacht! Die zwei Teile der Arbeit sozusagen.. da wird nix unterschlagen. Mich ärgert’s natürlich wenn die Leute dann sagen, ob’s für mich nervig ist dass ich erstmal einen Film machen muss um Leute auf meine Musik aufmerksam zu machen.. also.. Tschuldigung, Freunde.. so ein Album kannst du auch alleine zu Hause machen aber bei so nem Film, da machen 70 Leute zusammen total unterschiedliche Jobs. Da kann man auch total viel lernen dabei. Die müssen den schon total gut machen können. So viele verschiedene Leute zusammen und dann müssen die auch noch produzieren können… so viel größer als meine eigentliche Musik, dass mich solche Fragen dann schon erstmal verwundern..

Absolut, vor allem setzt du mit dem Film ja auch Maßstäbe. Denn was gibt es für Techno-authentische Filme? Da ist Berlin Calling im Moment das Maß aller Dinge!?Ich finde der Film ist absolut die Latte die da erstmal liegt! Eine Frage die du wahrscheinlich schon gar nicht mehr hören kannst: Wer hat dein Talent in der Schauspielerei erkannt? Also wie bist du vom DJ’ing zum Film gekommen?
Hannes Stöhr und ich haben uns zum ersten Mal getroffen…. das ist jetzt 5 Jahre her. Er kannte mein letztes Album, welches damals gerade raus kam und ich hatte auch schon seinen ersten Film im Kino gesehen. Er hat mir von dieser Geschichte erzählt und hat gefragt ob ich ihm dabei nicht als Consulter ab und zu mit Rat und Tat zur Seite stehen möchte. Dann haben wir uns öfter getroffen und irgendwann hat er gesagt: „Komm.. wir könnten ja auch alles mit deinen Tracks machen“, und da war dann auch schon klar, dass da auch Sounds reinkommen die schon released sind, damit er von der Idee da auch einfach weiter schreiben kann. Dann hieß es so: „Paul, mach mal den Soundtrack“, und dann haben wir uns immer wieder getroffen… einmal im Monat mindestens und haben dann über das Skript gebrainstormt. Ich hab dann die Authentizität mit Sprüchen und Details beigesteuert und nach 2 Jahren sagte er dann: „Paul, du musst dass dann jetzt auch selber spielen!“ Natürlich wurde die Rolle auch schon auf mich zugeschneidert. Es war sehr früh klar, kein Dj sondern jemand der produziert und damit auf die Bühne geht. Die Entscheidung für mich hat er getroffen in den Nachgesprächen. In denen ging es gar nicht so sehr um den Film, sondern in denen ging es viel eher um Politik und um Gott und die Welt. Und Hannes sagte dann auch richtig: „Gute Musiker, die ein Gespür haben, sind doch auch gute Schauspieler weil sie genau das selbe haben müssen… nämlich ein Gespür für Timing und für Dramaturgie.“

Schon ein spannendes Projekt, oder? Vom Berater, zum Soundtrack und dann zum Hauptdarsteller?
Lacht.. schon.. aber letztendlich war es ja wirklich eine Teamarbeit.

Kennst du dich ein bisschen mit Fußball aus?
Ich liebe Fußball!? Da ist Hannes irgendwie der Trainer auf der Bank, der aber auch einfach seinen Spielmacher am Feld braucht. Das Brain, das aber auch sozusagen seinen verlängerten Arm rausschicken kann.. Genau so lässt sich das vergleichen.

Identifizierst du dich mit Ikarus und wie viel Einfluss hattest du auf die Szenerie?
Ich hatte da auch Einfluss und natürlich ist da total viel von mir selber drin, aber vom Lebenslauf ist es nicht so. Ich war niemals so gefährdet und der große Unterschied ist, dass der Ikarus noch einer von den vielen ist die erstmal so werden wollen wie ich. Er ist ja noch längst nicht da und das war uns aber auch wichtig, dass wir da nicht nen Superstar nehmen, sondern jemanden der auch die Nöte eines freischaffenden Künstlers nachvollziehen kann und sich deswegen auch so viele Leute damit identifizieren können. Weil er ist halt wirklich einer von vielen die auch auflegen, genauso wie früher jeder seine E-Gitarre in der Ecke stehen hatte und Rockstar werden wollte.

Für den Film musstest du deinen Arbeitsrhythmus von der Nachteule zum Morgenmensch umkrempeln! Wie war das für dich und wie hast du dich darauf vorbereitet?
Das war schwer!! Wenn Leute fragen: „War das jetzt schwer den Film zu drehen und zu performen?“, dann neee, aber um 6 Uhr am Set stehen, dann auf jeden Fall. Das ist ja wohl überhaupt nicht meine Zeit. Ich schlafe gerne lange und musste schon einen Monat vor dem Dreh zur Probezeit um die Zeit aufstehen. Normalerweise schlafe immer bis um 12!

Wie war der erste Drehtag für dich am Set?
Der war sozusagen der am psychisch anstrengendste, weil ich ja nicht wirklich wusste, wie ist es da so. Die Proben waren super, aber in der letzten Woche vor Drehbeginn hab ich schon ein bisschen die Muffe gekriegt. Da hab ich dann schon überlegt was da hier jetzt passiert. Wenn ich hier aus reiner Selbstüberschätzung ne, um die 1,7 Millionen Euro, Produktion einfach mal so in den Sand setze. Aber weil der erste Drehtag dann gleich schwierige Szenen, auf die es ankommt, beinhaltet hat und der Kameramann auch sagte: „Ey Mann, die Kamera liebt dich. Du spielst ja als ob du mit dem Rücken zu mir stehst.“, dann ging alles schon leichter. Und das Ding ist ja, die hatten schon gemerkt dass es gut war. Und sie hatten dann 1,5 tage später schon so ein Probeband, welches sie mir aber nicht gezeigt haben, weil sie gemerkt haben, dass ich sehr, sehr gut bin. Ich durfte das nicht sehen, sonst meinten sie würde ich zu eitel werden. Und dann kam es, dass die Cutterin, die davon nichts wusste zu mir sagte: „Paul das ist ja unfassbar was du spielst.“. Da ging es dann noch mal richtig ab! Sie hättens mir ruhig zeigen können… mich pusht so was eher.

In dem Film werden Drogen beim Namen genannt und der Drogenkonsum wird deutlich gezeigt. Ihr habt von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden das Prädikat wertvoll bekommen weil Berlin Calling für die Bewerter aufklärerisch ist. Somit können Universitäten und Schulen den Film ausleihen. Was denkst du darüber?
Ja das ist so, weil der Film ja auch nicht sagt: „Nehmt keine Drogen.“ Der hat nicht diesen Verbotszeigefinger oben, sondern… ich meine, was Hannes auch immer sagt… ein einzelner Film wird sowieso nix daran ändern, ob die Leute Drogen nehmen oder nicht. Und die Botschaft die da mitkommt ist halt: „Wenn ihr dann schon Drogen nehmt, informiert euch vorher ein bisschen und steckt nicht alles in den Mund was da irgendwie unterwegs ist.“ Es gibt ja auch noch einen Unterschied zwischen Drogen und Gift als Drogen getarnt. Aber eigentlich muss man dazusagen, wir zeigen zwar die Drogen, Party, den Techno, aber das ist alles nur der Pinsel mit dem wir unser Bild malen. Eigentlich erzählen wir ne Ebene drüber, viel universellere und gleichzeitig banalere Dinge des Lebens, die jeder kennt.

Deine jahrelange Cluberfahrung und das was du schon alles in der Clublandschaft gesehen hast, hat dir sicher geholfen mit dem Dreh der Drogen-Szenen oder?
Lacht… Ich bin ein guter Beobachter sozusagen! Ich hab das alles schon gesehen! Also ich hab da schon ein paar Fratzen gesehen und da.. ja.. pfu..

Bleibt Berlin Calling ein einmaliger Ausflug ins Film-Business?
Wenn ich das noch mal genauso machen kann, dass ich total eingebunden werde… vom Schnitt über Sounddesign bis hin zu Mischungen etc., dann ja… aber nur so als Schauspieler mal da mitspielen und da mitspielen… da sag ich dann: Sorry Leute, ich hab schon Arbeit!

Einer der schönsten und einer der peinlichsten Momente in deinem Leben?
Ja peinliche Momente sind …hmm… als Live-Act bist du ja immer für deine Technik selber verantwortlich… als Dj legst du deine Platten auf und wenn da irgendwas nicht funktioniert, ist das nicht dein Ding, dafür ist ein Techniker verantwortlich. Da gab es schon ein paar peinliche Momente. Der schönste Moment war.. ja..hmm.. das kann man schon so sagen.. die Weltpremiere von Berlin Calling in Locarno vor 8.000 Leuten am 08.08.08 wo Sternschnuppen am Himmel flogen zusammen mit dem Championsleague-Sieg, der war ja am 23. 5. 2001.

Vielen lieben Dank für das Interview und viel Erfolg für all deine Projekte!
Ja.. Danke.. Tschüssi!

Der Soundtrack zum Film wurde auf BPitch Control veröffentlicht: