10. Red Bull Music Academy

Red Bull läßt einen nicht zur Ruhe kommen – und das wissen wir nicht erst seitdem die blausilbrigen Dosen an jeder Tankstelle zu haben sind. Und da es auch gerade im Musikbusiness vorkommt, dass die Müdigkeit zu den falschen Zeitpunkten einsetzt, schätzt man das Energiegetränk aus Österreich – und Red Bull schätzt die ruhelosen Musiker, was nun schon seit 10 Jahren bewiesen wird. So lang gibt es nämlich die Red Bull Music Academy schon, jedes Jahr an einem anderen Ort in der Welt.

 

logo der 10. redbull-music-academy aus 2007

 

2006 hat es die Academy nach Stationen in Berlin, Dublin, New York, London, Sao Paulo, Capetown, Rom und Seattle nun nach Melbourne verschlagen. In zwei Workshop-Wochen jeweils im September und Oktober trafen sich Musikbegeisterte von wirklich überallher – egal, ob professioneller Musiker oder noch unbekanntes Genie, egal, ob mit handgespieltem Instrument oder mit Laptop und Plattenspieler unter dem Arm – wichtig ist nur das Gefühl für die Musik und der Wille, sich über seine bisher gekannten eigenen Grenzen hinwegzusetzen. Zu Hause würde ich niemals darauf kommen, mit einem Gitarristen und einer 808 einen Jam zu machen, weil zu Hause ist man in seiner eigenen kleinen Musikwelt und hier kommst du hin und hast einen Typen aus Japan, der dort als Englischlehrer arbeitet und er kann singen, als wenn er ein 16jähriger Knabe wäre.

Dann hast du einen Typen aus Frankreich, der Saxophon spielen kann und dann setzt du dich hin und machst mit denen was, wo ich, glaube ich, zu Hause niemals darauf gekommen wäre.“
Mario Willms aus Jena, einer der beiden diesjährigen deutschen Teilnehmer, erzählt von Toshio Matsuura und Wally Badarou. „Als ich gelesen hab, wer wann da ist, war ich ein bissl enttäuscht, weil ich nur so drei Namen kannte. Nachdem ich jetzt aber die Hälfte der Leute gehört habe und bestimmt pro Vorlesung so sieben mal Gänsehaut bekommen habe, bei dem, was die Typen da erzählt haben, …“

Und seine Begeisterung findet kein Ende mehr. Tatsächlich ließt sich die Liste der Tutoren wie das Who is Who der modernen Musikgeschichte: Alex Smoke, Carl McIntosh, Chez Damier, Daniel Wang, Derrick May, Fabio, Greg Wilson, Maurice Fulton, Recloose und viele viele mehr, die man keinesfalls nur in der elektronischen Richtung zu suchen hat. „…, den Typen zu sehen, den Keyboarder von James Brown, der danach zu mir kommt und mich fragt, ob ich ihm einen Ableton-Workshop geben kann.“

Man legt viel Wert darauf, dass sich ein freundliches Miteinander entwickelt, welches von ganz allein funktioniert. Man darf sich keinen strengen Schulunterricht vorstellen, sondern eher eine Ansammlung von musikalisch begeisterten Menschen, die heiß darauf sind, miteinander zu jammen, zu experimentieren und dadurch zu lernen. Die gesammelten Eindrücke kann man wahrscheinlich nirgendwo anders in so massiver und gepackter Ausprägung erleben und mitnehmen, wie es in der Zeit der Workshops passiert. „Urlaub ist das hier nicht. Wir kommen aus dem Hotel raus, Monitor anmachen; oder sitzen hier vorm Monitor und hören uns jemanden an – das war’s dann auch gewesen. Ich hab noch kein Känguruh gesehen.“

Und damit auch alles so harmonisch abläuft, nehmen sich die Organisatoren der Red Bull Music Academy sehr viel Zeit, die Teilnehmer auszuwählen. Von denen wird anfänglich auch eine wirkliche Menge verlangt: Wer es schafft, den 25seitigen Fragebogen in guter englischer Sprache überzeugend auszufüllen, kann sich vielleicht als einer von 200 enger Ausgewählten aus ca. 3000 Bewerbungen abheben, von denen dann musikalische Kostproben genommen und zwei Gruppen von 30 Leuten zusammengestellt werden. Dabei werden bewusst verschiedenste Musikrichtungen und kulturelle Hintergründe gemischt, die eine bestimmte Dynamik freisetzen können, egal ob Produzent oder DJ.

„Bin praktisch mit einem Track hergekommen, den ich supergeil finde, wo aber einfach noch Sachen gefehlt haben. Es lag einfach nur am falschen Abmischen und am Penning – jetzt weiß ich, wie ich es machen muß, also auf alle Fälle hat sich meine Arbeitsweise verändert.“ So kann jeder seine eigene Musik in jeglicher Form mitnehmen, am lebendigen Objekt feilen und muß nicht an der trockenen Theorie zerbrechen, zu der er im Heimstudio wahrschenlich keinen Bezug mehr entwickeln könnte.

Eine tolle Einrichtung, die ihresgleichen sucht. Ein Erlebnis, welches jeder erleben kann, der es wirklich möchte. Man muß sich nur ein wenig anstrengen…