gema muenchen

GEMA ignoriert Clubmusik ?

gema muenchenTantiemen sind eine wichtige Einnahmequelle für Musiker, Komponisten und Texter. Bei jeder öffentlichen Aufführung werden sie vom Veranstalter gefordert und zu den Künstlern weitergeleitet. Dafür ist die Gema zuständig. Um so erzürnter sind Künstlerinnen und Künstler, deren Produktionen durchs GemaRaster fallen.

So ergeht es vielen Produzenten von Clubmusik, von Techno und House.

Der Grund: Diese Musik wird hauptsächlich in Diskotheken gespielt, nicht aber im Radio oder Fernsehen  was die Gema ignorierte . Wir gingen sehr lange davon aus, dass das Programm in den Diskotheken identisch mit dem Programm aus dem Radio ist, sagt Hans-Herwig Geyer, Gema-Sprecher in München.

Überprüfen ließ sich diese Annahme lange Zeit nicht. In den Discos werden keine Listen der gespielten Stücke geführt, und so ist nicht klar zuzuordnen, welche Musik denn nun eigentlich läuft. Das von Kneipen und Diskotheken kassierte Geld schüttete die Gema also mehr oder minder wahllos und pauschal aus, an die live auftretenden Musiker  die Produzenten von Clubmusik gingen nach wie vor leer aus. Die Proteste wurden immer lauter.

Die Mitgliederversammlung der Gema hat diesen Missstand erkannt und in Kooperation mit Media Control ein Monitoring-System entwickelt, die Black Box.
Die einjährige Testphase ist abgeschlossen, und die Gema zieht eine positive Bilanz.

Dieses nach Angaben der Gema repräsentativ in 100 deutschen Clubs verteilte System schneidet Teile des jeweiligen DJ-Programms mit, die Mitschnitte werden später von Experten ausgewertet durch Zuhören. Wie kompliziert das ist, kommt auf das Genre an. In Mainstream-Discotheken ist das kein Problem, weil da die Hitparade rauf und runter gedudelt wird. In Underground-Clubs gestaltet sich die Sache schwieriger. Die Stücke werden ineinander gemischt und in Geschwindigkeit und Tonhöhe verändert.

6484 Werke haben die Experten binnen eines Jahres aus den Mitschnitten herausgehört. Aus allen Genres, die in Bars und Discos gespielt werden. Weit oben sind laut Gema Klassiker wie Bruce Springsteen und Michael Jackson. Von angesagten Clubhits kann in diesem Fall also keine Rede sein. Trotzdem haben wir da ein anderes Repertoire als über die Playlists der Radiostationen ermittelt, so Geyer. Wer genau in diesem Repertoire enthalten ist, darüber könne keine Auskunft gegeben werden: Datenschutz… Eine Liste mit den meistgespielten Stücken werde im Herbst veröffentlicht.

Selbst ein Techno-DJ wie Klaus Löschner, seit 20 Jahren im Geschäft, hält es für unmöglich, die Tracks per Zuhören zu erkennen. Media Control traut sich das zu, denn das Unternehmen hat einen Vertrag mit der Gema geschlossen, in dem es eine 95-prozentige Erkennung der Titel garantiert: Media Control beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Musikanalysen. Dadurch ist sehr viel Know-how vorhanden. Zudem ist die 30-jährige und sich täglich aktualisierende internationale MC-Titeldatenbank das wichtigste Informationstool, teilt Media Control mit.

Die Titeldatenbank sei insofern eine Referenz, da sich Titeleinsätze jedenfalls nach Meinung von Media Control  in nahezu jedem Club wiederholen und somit nach erstem Erkennen der Datenbank als Referenzfile vorliegen und zum Überprüfen herangezogen werden könnten.
Wer die Experten sind, die sich mit den Mitschnitten aus den Clubs befassen, wollen weder Media Control noch Gema verraten. Die Gefahr der Einflussnahme ist einfach zu groß, sagt Geyer. Dementsprechend vage sind die Aussagen von Media Control: Die Media-Control-Experten sind langjährige Musikspezialisten, die sich immer wieder Schulungsprozessen unterziehen, und natürlich greifen wir auf unser breites Networking zurück, wie Labelmanager, Produzenten, DJs sowie Radiomoderatoren und diverse Recordstores.

Doch die Zahl von 6484 erkannten Werken kommt der Label-Managerin und Bookerin Claudia Schneider aus Frankfurt sehr niedrig vor. Allein die vier großen Vertriebe für elektronische Musik in Deutschland, Intergroove, Discomania, Neuton und ELP, haben nach eigenen Angaben pro Jahr einen Ausstoß von jeweils 1500 bis 2000 Einzeltiteln. Hiphop ebenfalls Clubmusik ist darin noch gar nicht enthalten. Angesichts dieser Flut und der Tatsache, dass nur 6500 Titel aus allen Genres erkannt wurden, ist das immer noch keine gerechte Verteilung der Tantiemen, so Schneider.

Die Musik-Managerin schlägt vor, die Clubs in Deutschland in Genres einzuteilen und dann die Tantiemen anteilig auszuschütten: Wenn 15 Prozent der von der Gema eingezogenen Clubpauschale zum Beispiel von Hiphop-Clubs aufgebracht werde, dann sollten 15 Prozent der Tantiemen aus diesem Bereich an Hiphop-Künstler ausgeschüttet werden. Gleiches gelte auch für alle anderen Sparten der Club-Musik.

Dann würden die Tantiemen zumindest grob dort ankommen, wo sie laut Schneider auch hingehören: zu den Musikern, deren Platten auch im Club gespielt werden.