Beginnen wir doch einfach mal mit einem Zitat des Aufregers der Woche.
„Ich tue all die Dinge, von denen die meisten von euch nicht einmal zugeben, dass sie von ihnen träumen. Ich wohne an den feinsten Adressen von Frankfurt und Wien, besitze Luxusautos mit insgesamt mehr als tausend PS, esse in den besten Restaurants, tanze in den angesagtesten Clubs und treffe die schönsten Frauen der Welt. Ich bin 34 Jahre alt und gehöre zu den Leuten, die ihr Finanzjongleure nennt.“
Soweit schon mal nicht schlecht, oder?
OK. Noch eins:
„Ich bin als selbständiger Investmentbanker einer von den Typen, die ihr, die Mittelschicht, gerne gierige Abzocker schimpft, dekadente, arrogante Arschlöcher und neureiche Dandys. Ich gehöre zu denen, die eurer ziemlich bescheuerten Meinung nach die Weltwirtschaft ruiniert haben, die ihr zwischendurch gerne mit klassenkämpferischen Tönen verfolgt und die ihr dafür hasst, dass sie auch dann fantastisch verdienen, wenn euch grade einmal wieder die Folgen einer Wirtschaftskrise auf die Köpfe fallen.“
Und weils so geil ist, noch eins:
„Ihr werdet darauf programmiert, wirtschaftlich abhängiger Durchschnitt zu sein, und besserer Durchschnitt zu werden, kommt euch schon wie eine Traumkarriere vor. Das System lässt euch strampeln, und wenn es vorbei, seid ihr hilflos, weil ihr ausser Strampeln nichts gelernt habt.“
Diese Zitate stammen aus dem Buch „Investment Punk“ von Gerald Hörhan und der Mann wird mit seinem Buch wahrscheinlich keinen Preis für den beliebtesten Österreicher des Jahres schaffen, die allgemeine Diskussion um den Hype Autoren ist aber doch einigermassen berechtigt.
Erstmal hat mich der Tonfall der ersten paar Kapital schon schwer an Sascha Lobos Rede „Jüngste Erkenntnisse der Trollforschung“ auf der 2011er re:publik erinnert (siehe Video unten)
Lobo zieht auch erstmal ordentlich vom Leder: „Ihr seid selbst schuld – Ich verdiene mehr ihr und sogar daran seid ihr noch schuld. Und ihr seid alle doof.“
So ungefähr wenigstens – hat Mann einen echten Irokesen – anyway.
Aber zurück zu dem Wiener Aufreger-Autoren.
Höhrhan haut auf die faulen und ungebildeten, auf die bequemen und die ignoranten und die Mittelschicht im allgemeinen.
Er erklärt an reichlich selbstbewussten Beispielen, warum es der normale Angestellte nie schafft zu einem Vermögen zu kommen, warum alle anderen ihr Leben lang im Hamsterrad strampeln und er mit einem Aston Martin schnell zum Mittagessen nach Italien brettert.
Die reinen Lehren des Buches sind recht überschaubar. was aber auch relativ ist da es auf den Wissensstand des Lesers ankommt.
Und wenn ein Buch mit so wenig Weisheiten so erfolgreich ist, scheint die Tankanzeige des Wissensstands bei den meisten Leuten dauerhaft auf Reserve zu stehen.
Wahr ist zum Beispiel dass unglaublich viele Leute jeden Monat erhebliche Beträge in irgendwelche Fondsgebundenen Lebensversicherungen reinbuttern – und das über Jahrzehnte.
Und keine Ahnung haben, was da überhaupt geht – nicht mal ansatzweise.
Wenn es aber um den Kauf eines neuen Fernsehers geht, werden wochenlang intensivste Recherchen im Netz und in sogenannten Fachzeitschriften betreiben, Verkäufer drangsaliert und Broschüren gesammelt.
Obwohl der Scheiß TV nicht mal einen Bruchteil von dem kostet, was die gleichen Leute in Ihre Rentenabsicherung packen – von der sie keine Ahnung haben.
Eigentlich keine große Erkenntnis, die Art und Weise aber wie sie einem der Investment Punk um die Ohren haut, ist fast so derbe wie die Direktheit von Allen Carrs Nichtraucherbuch.
Wahr ist auch die Sache mit den Neuwagen.
Mann kann Geld einfach nicht schneller als durch den Kauf eines Neuwagens verbrennen.
Wahr sind auch einige weitere Beispiele und Erkenntnisse, die man so alle schon mal in der ein oder anderen Form gehört.
Aber eben nicht mit dem Tonfall.
Und genau das scheint einige Leute doch aufgeweckt zu haben.
Also immer weiter – schon draufhauen auf die Mittelschicht.
Macht Spaß zu lesen und wenn auch nur einer was draus lernt, wars ein gutes Investment.
Auch wenn Punk draufsteht.
Und zum Schluss noch ein Zitat:
„Wenn einer von euch sich selbständig macht und Misserfolg hat, gilt er als Versager. Wenn er es schafft als Arschloch.“
Na dann Prost ihr Punks.
Investment Punk – Warum ihr schuftet und wir reich werden
Gerald Hörhan
192 Seiten, € 8,99 [D]
Erschienen: 15.04.11 Ullstein Taschenbuch