Mit seinem Track „Take Off, Baby! feat. Orlando“ landete der Berliner Ronald Christoph einen viralen Hit, der nun zwar schon einige Jahre zurück liegt, aber dennoch sehr gut altert. Nach wie vor geistert der Track auf Social Media Plattformen wie Instagram und Tik Tok herum und wird immer wieder von Influencern für unterhaltsamen Content genutzt. Allein bei Soundcloud kommt der Track auf 2 Millionen Plays und liegt bei Youtube ebenfalls im mehrstelligen Millionenbereich. Kein Grund jedoch für den Produzenten und Live Act die Füße hoch zu legen.
Während Ronald Christoph auf Labels wie Cocoon Recordings, KaterMukke, Gigolo Records veröffentlichte, fokussiert er sich aktuell wieder stark auf seine eigenen Labels. Bereits in der Vergangenheit konnte er mit hochkarätigen Kooperationen glänzen, darunter mit Künstlern wie Miyagi, , Tyree Cooper und Coyu. Was der Berliner für dieses Jahr geplant hat und wie die Vocals einer mittlerweile verstorbenen House Legende auf seine nächste Scheibe kommt, erfahren wir im Interview.
Hallo Ronald – Deine neue Single „Lost Soul“ mit Ben Spalding schoss direkt in die Spotify Playlist „Electronic Rising“. Wie sehr erfreut Dich so ein Erfolg nach Jahren im Musikgeschäft heute noch?
Es freut mich enorm! Die „Electronic Rising“-Playlist ist ja durchaus ein kleines Leitmedium der elektronischen Musik in Deutschland. Sie hat eine Menge Follower und wird viel gehört. Wir sind darüber hinaus ziemlich weit oben eingesetzt worden: Platz 6, was mich zusätzlich motiviert.
Welche Idee steckt eigentlich hinter dem Titel „Lost Soul“ und sind wir eigentlich heutzutage alle ein wenig „Lost“?
Nun, vielleicht ist „Lost“ etwas überspitzt ausgedrückt. Aber sicher wünschen wir uns manchmal zu viel oder eben Sachen, die wir nicht bekommen können. Und je wichtiger diese Dinge sind und je schmerzvoller der Verzicht, umso länger dauert die Auseinandersetzung damit. Wer möchte nicht wunschlos glücklich sein?
Aber ist der Wunsch nach Liebe nicht auch gleichzeitig ein Ausdruck davon? Das Thema wird übrigens dieses Jahr nochmal aufgegriffen, mit Steve Coles und meinem Remake von Klaus Kinskis „Erdbeermund“ als 12″-Vinyl bei Puzzle Projects Music.
In den letzten Monaten hast Du einen amtlichen Output geliefert und ein zweites Label namens GOTTART an den Start gebracht. Wie gelingt es Dir, all das unter einen Hut zu bringen?
A: Wenn man auf einem Instrument ausgebildet wurde, gleichzeitig aber auch auf schwereren, maschinellen Techno steht, kommt man nach meinem Gefühl nie bei nur einem immer gleichen elektronischen Sound an. Harmonien und Melodien sind wie nie verklingende Echos im Kopf. Sie wollen benutzt werden, um Ruhe zu geben.
Aber das pulsierende, treibende, essentielle am Techno gruppiert sich nunmal hauptsächlich um den Rhythmus.
Ich möchte mir diese Vielseitigkeit unbedingt erhalten. Deshalb brauchte es eine Heimat für den rein maschinellen Sound. Gottart ist diese Heimat.
Was muss für Dich eine Musikproduktion mitbringen, damit sie Dich aus Labelsicht richtig fesselt?
Ich mag diese unwiderstehlichen Grooves, die vor der ersten und der dritten Viertel atmen. Es sollten nicht zu viele Stile in einem Track vermengt sein. Ich stehe eher auf liebevoll als aggressiv, eher auf funky, als von Freude entsättigt und eher auf krude, als zu angepasst und poppig. Ich finde auch, der Groove sollte bis hinein in die melodischen Elemente fühlbar sein.
Gibt es eigentlich rückblickend einen Moment in Deiner Karriere als Künstler, den Du als Wendepunkt bezeichnen könntest?
Ja, den gab es. Es ist die schönste Bestätigung, wenn ein Track weltweit große Beachtung findet.
An welchen Produktionen arbeitest Du gerade?
Zur Zeit bin ich mit Coco Berlin, Steve Cole und Philipp Frueh im Studio. Die Produktion mit dem überaus talentierten und stilsicheren Philipp Frueh kommt bereits zwischen Mitte Mai und Anfang Juni auf Ghorucz Recordings raus. Die Vocals hat, wenige Wochen vor seinem Tod, noch Elbee Bad beigesteuert. Das hatte fast prophetische Züge. In dieser einen Session rappte er: „Yo, I am Elbee Bad and I am outy. Up to the Universe.“ Nun fällt der übliche Release-Freitag dieses Jahr auf einen 3.Juni.
Das ist sein erster Todestag. Und an diesem Tag soll dieser Track auch rauskommen. Das ist, als läge man ihm eine Blume ans Grab. Das muss einfach sein.
Arbeitest Du nach wie vor viel mit analogem Gerät oder ebenso digital?
Die Arbeit im Computer steht natürlich nach wie vor im Zentrum des Prozesses. Jetzt wieder mit Bandmaschine und einem riesigen Mischpult anzufangen, würde mir kreativ nicht helfen. Aber ich schaue immer wieder, ob es neue Bedienungshilfen neben den üblichen gibt. Leider ist aber noch nichts dabei, was die Kombi Tastatur und Maus für mich adäquat ersetzen kann.
Ich arbeite aber ganz viel mit Outboard-Equipment. Dieses kann sowohl digital, als auch analog sein.
Ein Yamaha-FM-Synthesizer hat nunmal genauso seinen eigenen Sound, wie ein analoger Moog- oder Sequential-Synth. Auch die Jam-Sessions mit den Spuren im Computer lege ich mir gern auf externe Effektgeräte, welche noch über analoge Kompressoren und EQs laufen. Die Effekte steuere ich dann aber wieder mit einer Midi-Controller-Software auf dem iPad, also dem gegenüber wieder mit einem Computer.
Vielen Dank für das Interview.
Ronald Christoph bei Spotify & Beatport