Danke, dass ihr euch Zeit für das Interview nehmt. Erzählt doch beide kurz, wie ihr zur elektronischen Musik gekommen seid?
Beide sind wir „Musik-Süchtige“ seit Beginn unserer Teenie-Lebensstufe oder vielleicht sogar schon eher! Ich kann mich erinnern, dass ich damals auch schon als Kind manchen Song im Radio unbedingt ausschalten wollte, weil er so schlecht war. Im Laufe der Zeit veränderte sich auch die Musik und elektronische Musik begeisterte uns so sehr, dass wir die unbedingt selber machen wollten! Bis heute sind wir darin gefangen!
Ihr seid beide schon einige Zeit bei Oliver Koletzkis Label „Stil vor Talent“ unter Vertrag. Ab wann war es für euch klar, dass ihr zusammen ein Album machen wollt?
Man merkt einfach, wenn man jemanden gefunden hat, mit dem man auf einer Ebene ist. Von Anfang an hat das Zusammenspiel funktioniert und meist kamen Sachen dabei raus, die nicht nur wir mochten. Nach unseren Releases auf Stil vor Talent „una rosa“, „bar25″ „nur mal kurz“ und „thänkyou“ wollten wir einfach mehr !
Was erwartet der Hörer?
Romanticthrills ist ein Club Album, das allerdings sehr poppig daher klingt. Wir haben fast in jedem Track Vocals eingebaut und haben versucht, jedem Track ein wenig Seele einzuhauchen und nicht nur mit stupidem Technobummbumm herzukommen!
Sind noch andere Künstler auf dem Album zu hören?
Die feat. sind Narra , welche damals „una rosa „und auch „caje“ zum Besten gegeben hat. Weiterhin singt unser neues Stimmwunder Jan Blomqvist auf unserem Album und die Sängerin von Wrongkong und EnaWild sind vertreten, außerdem versucht Niconé sich immer wieder ein wenig im stimmlichen Ausdruck!
Wie kann man sich eure Arbeit im Studio vorstellen? Wer macht was von euch?
Wenn ein Auto zwei Lenkräder hätte, könnte man die Arbeitsteilung am besten so veranschaulichen; jeder entwickelt Ideen, die zusammen gebracht werden und je nach Funktionalität umgesetzt werden. Zwei Motoren, die aber nicht gegeneinander arbeiten sondern miteinander, um noch weitere Ziele zu erreichen.
Legt ihr eigentlich auch zusammen und werdet jetzt auf große Album Tour gehen?
Wir haben bis jetzt schon vereinzelt hier und da zusammen aufgelegt, das soll noch ein wenig live Modus bekommen, der aber noch erarbeitet werden muss, wie und was an Geräten mitkommen soll und wer welches Knöpfchen dreht!!!
Habt ihr beide noch andere Projekte am laufen und wenn ja, welche? Was ist da in nächster Zeit geplant?
Sascha arbeitet bereits an seinem ersten eigenen Soloalbum und mein Niconé Ego steht dem in nichts nach und sammelt schon Skizzen über Skizzen!
Wie sieht ein Tag von Niconé und Sascha Braemer aus? Habt ihr noch ein Hobby oder dreht sich dein ganzer Tag nur um Musik?
Wenn ich ehrlich bin, gibt es bei mir kein wirkliches Hobby und da kann ich, glaube ich, für uns beide sprechen, dass Musik rund um die Uhr den Ton angibt. Mir fällt auch kein Hobby ein, das ich irgendwie gut finden würde, außer vielleicht „essen“.
Ihr habt ja auch beide regelmäßig in der Bar25 aufgelegt. Vermisst ihr sie oder gibt es mit Kater Holzig einen würdigen Nachfolger?
Man soll immer loslassen können, wir haben in der Bar großartige Momente erlebt, aber die Katze kann auch was und das hat sie diesen Sommer schon sehr oft bewiesen!!!
Man hat ja das Gefühl, dass die Festivals immer größer werden und teurer, aber dafür die Leute irgendwie weniger in die Clubs gehen? Denkt ihr nicht, dass diese Entwicklung der Clublandschaft schadet?
Man kann wirklich sagen, dass es dieses Jahr eine Menge Festivals gab, vielleicht einen Tick zuviel, aber dass dies der Clublandschaft schaden soll, kann ich nicht einschätzen, denn ehrlich gesagt im Sommer draußen zu sein, ist schon irgendwie ein wenig „sexier“ als im dunklen Club abzuhängen.
SVT068 Niconé & Sascha Braemer – Romantic Thrills by Stil vor Talent
Es handelt sich um eine Liebesgeschichte: Stil vor Talent ist schon seit längerem ganz verrückt nach Niconé und Sascha Braemer, sodass Stil vor Talent auf einige beeindruckende Veröffentlichungen der beiden Produzenten zurück schaut. Es war an der Zeit sich hinzusetzen und ein ganzes Album zusammen zu produzieren. Während Sascha Braemer vor kurzem mit seinem Überhit ‚People’ für Furore sorgte, handelt es sich bei Niconé um einen alteingesessenen Hasen der elektronischen Musik. Erst beim Auflegen erkennt der eine oder andere welcher zelebrierte DJ und Produzent sich hinter dem Alias verbirgt.
‚Romantic Thrills’ verarbeitet denselben, sehr musikalischen House und Techno Sound, für den das Duo bereits bekannt ist, würzt ihn allerdings mit einer deftigen Priese Pop-Ästhetik und Sexappeal. Hinter den Tracks dieser LP stecken jahrelange Erfahrungen im Produzieren und DJing, die nun zusammenfließen um ein Endwerk zu schaffen, das sowohl eklektisch, wie auch rund ist. Die Tracks funktionieren hier als Songs, sodass sich die wahre Schönheit der Platte erst beim Hören des Ganzen entfaltet: Oft werden erst gegen Ende eines Stückes hin neue, prägnante Elemente eingeführt, die genauso sitzen, wie der Bass, der unterbewusst jedem Drop folgt. Von elektronischen Alben kann man halten was man mag, aber bei ‚Romantic Thrills’ handelt es sich um ein Gesamtkunstwerk.
Ruhig geht es mit dem langsam trabenden, pianobasierten ‚Dreamer’ los, das nach der Hälfte eher an Radiohead als an die hedonistische Berliner Clublandschaft erinnert. Ein einfach epischer Popsong mit Falsettgesang eben. ‚Little Love’ bewegt sich dann stetig dem deeperen Technosound dank toller Synth-Lead und einer dickeren Bassline entgegen. Das soulige Vocal-Arrangement garantiert ein wundervoll warmes Sommergefühl. ‚Liar’ hingegen veranschaulicht den Eklektizismus der Platte wohl am besten: Eine männliche Stimme führt einen schizophrenen Monolog über Drogen und wird von einem Skaaske-Groove, einer stämmigen Bassline und langsamer BPM untermalt.
Das wird ganz klar der Favorit für die Afterhour. Der Titeltrack ‚Romantic Thrills’ treibt den Höhrer mit seinem ansteckenden Tech House-Groove, Piano-Stabs und hypnotisierenden Vocals dann wieder in Richtung Dancefloor. ‚Runaway’, ‚Pianotic’ und ‚Caje’ sind Beispiele dafür, wie smooth man echte Instrumente in elektronische Musik einbringen kann, ohne dabei künstlich zu klingen. Die Gitarre auf ‚Runaway’ schenkt dem Song eine melancholische Energie, die der Gesang perfekt unterstützt, während die Melodien in ‚Pianotic’ einen quasi dazu aufrufen, die Welt zu umarmen. Ähnlich ist es bei ‚Caje’, bei dem man sich dank Spanischer Gitarre am liebsten in einen Kreis setzen und den iberischen Sommer besingen möchte. Der Track vertreibt jegliche Wolken, die die Sonne blockieren.
Mit ‚Never’ zeigen Niconé und Sascha Braemer eine weitere Facette und wenden sich der Alten Schule zu. Das Duo rekreiert Disco und Chicago auf hohem Niveau mit einer fetten Bassline, schönen Strings und melodiösen Vocals. Darauf folgt dann ein kleiner Schatz: ‚Love Me’ ist sexy Tech House par excellence. Pralle Synth-Pads und verzaubernder Gesang weisen die Richtung für einen ultratiefen Bass, der immer zum richtigen Zeitpunkt die Boxen zertrümmert. Mit ‚Not the End’ signalisiert die Platte, dass es langsam aber sicher dem Ende entgegengeht. Ein starkes, kleines Houselied, was sich delikater Samples bedient. Mit dem letzten Track ,Thänk You 2011’ beweisen die Jungs ein weiteres Mal, wie viel Humor sie haben und setzen ein Spoken-Word durch eine Piano-Lead in Szene, bis es einem kalt den Rücken herunter läuft. Was für ein tolles Ende für eine so gut produzierte und top arrangierte House LP!
Sascha Braemer und Niconé haben es ganz sicher geschafft, ein Album zu kreieren, das eine klare, aber dennoch abwechslungsreiche Ästhetik verfolgt. Im Ganzen entfaltet es sich wie die Schilderung einer durchfeierten Nacht: am Anfang träumt man vom Club, bis man sich genau dort wiederfindet, während die Zeit langsam an einem vorbeirauscht. Irgendwann muss die Nacht dem nächsten Tag weichen und findet so ein seichtes Ende. Dieses Album ist ‚all Killer, no filler’. Genauso wie es sein sollte!