Einen wirklich netten, kurzweiligen Heimatroman hat er geschrieben der Ex-MTVler, den wir in den letzten Jahren doch eher als DJ wahrgenommen haben.
Die Geschichte ist angeblich ausdrücklich nicht biografisch angelegt, enthält aber doch einige offensichtliche Figuren und Schauplätze über die man lustig spekulieren mag.
– wer könnte wohl „DJ Toby“ sein, der Resident im „Panoptikum“ Club?
– oder welcher Real Life Schauspieler mag wohl die Original Rolle des „Daniel Schürmann“ im Buch gespielt haben?
– und wer ist eigentlich „Wilma“ seine Freundin oder besser Ex – in Echt?
Oder ist das alles nur Erzähle?
Sachdienliche Hinweise bitte hier per Kommentar.
Markus Kavka spielt in seinem Buch also den Musik TV Moderator Gregor Herzl, der am gleichen Tag seinen Job (bei „P-TV“) verliert und seine Freundin mit einem anderen („Daniel Schürmann“) im Bett erwischt.
Dass er dass nicht ganz so locker wegsteckt ist klar und da er ja in Berlin lebt, geht er erstmal ein paar Wochen ausgiebig feiern.
Diese Feierphase endet aber erwartungsgemäß nicht so lustig und Gregor entscheidet sich für eine Auszeit und fährt in seine bayerische Heimat – nach Rottenegg.
Und von da an wird’s wirklich lustig.
Was uns da so an bayerischem Kulturgut vermittelt wird hat mehr zur innerdeutschen Völkerverständigung beigetragen als so mancher Kulturbeauftragte.
Gregor stolpert wegen seinem Frau-Weg/Job-weg Drama so verpeilt durch den Rest der Geschichte dass er einem zwischen den Lachern beim Lesen schon fast leid tut.
Ich hab mich auf jeden Fall gut amüsiert mit Eddie, der Dorfdisco „Oasis“ und dem iPod-gefakten DJ Set mit DJ Pascha, den CSU Schergen im Bierzelt, dem Match des HSV Rottenegg gegen den SV Manching, dem Danziger und natürlich Onkel Norbert (RIP).
Auch dass er dauernd zuviel trinkt und/oder aufs Maul bekommt oder seinen komplettpeinlichen Umgang mit Drogen und Schlaftabletten ist so trauriglustig dass man ihn einfach gut leiden kann – den Gregor Herzl.
Leichte Kost für Zwischendurch.
Gut gemacht.
Trotz MTV Vergangenheit.
Servus.
Rottenegg [Gebundene Ausgabe] von Markus Kavka erschienen bei Rowohlt Polaris.
Und hier eine kleine Leseprobe, gespendet vom Verlag:
In flagranti
Ich fuhr zum Helmholtzplatz und parkte mein Auto. Um diese Tageszeit gab es da auch tatsächlich Parkplätze, da waren die jungen Väter alle in ihren Agenturen und parkten Mitte zu. Als ich die Treppen von Wilmas Altbau hinauflief, fühlte ich eine Beschwingtheit, die ich ganz sicher seit Jahren nicht verspürt hatte. Zumindest nicht, seit ich keine Drogen mehr nahm.
Im vierten Stock angekommen, hörte ich aus der Wohnung schon unseren Kater Jürgen miauen. Aufmerksam wie ein Wachhund, dachte ich noch. Natürlich besaß ich einen eigenen Schlüssel für Wilmas Wohnung, schließlich hatten wir ja keine Geheimnisse.
Ich schloss die Tür auf, und schon kam mir ein sanft maunzender Jürgen entgegen. Ich war mir gar nicht hundertprozentig sicher, ob Wilma überhaupt da war, aber irgendwas rumorte im Schlafzimmer, also ging ich von ihrer Anwesenheit aus.
Ich hatte sie ja nicht über mein Kommen informiert, das Überraschungsmoment sollte also auf meiner Seite sein. Insofern rief ich gen Schlafzimmer «Überraschung!». Zunächst kam nichts zurück, dann ein fragendes «Gregor?». Gut, es war eher ein entsetztes «Gregor», kann ich mit dem heutigen Wissen korrigieren.
Das Schlafzimmer lag am Ende des Flurs, man konnte es aber auch durch eine Verbindungstür über das Wohnzimmer erreichen, und genau das hatte ich vor. Im Wohnzimmer war niemand, aber auf dem Sofa lag eine schwarze Lederjacke, die ich nicht kannte. Klar, sie fiel mir sofort ins Auge, aber ich konnte sie irgendwie nicht in einen sinnvollen Kontext bringen. Vermutlich spürte ich da aber schon, dass was faul war, und das war auch der Grund, warum ich einfach weiter wie ein Zombie in Richtung Schlafzimmer wankte und schließlich die Tür öffnete.
Meine Haut fühlte sich heiß an wie bei einem frischen Sonnenbrand, und mein Magen führte mit einem Mal ein waghalsiges Eigenleben. Es war wie in der Schule, wenn der Herr Morhardt mich in Physik zum Ausfragen an die Tafel geholt hatte, immer dann, wenn ich gar nichts gelernt hatte. Bevor ich die Tür ganz aufstieß, sagte ich nochmals vorsichtig «Wilma?». Eine Antwort bekam ich zwar nicht, aber ich hatte eh genug damit zu tun, das Bild zu analysieren, das sich mir bot.
Das Schlafzimmer war ein kleiner Raum, und ich stand direkt vor Wilmas großem Bett. Auf der mir zugewandten Seite lag die Dame des Hauses, offensichtlich nackt, aber die Decke über sich gezogen. Ihr glattes rötliches Haar fiel ihr lasziv ins Gesicht. Sie blickte mich an, aber immer wieder musste sie blinzeln, während ihr hübscher kleiner Mund zu einem Strich degeneriert war. Als ob sie in die grelle Sonne schaute. Die Hand, mit der sie die Bettdecke hielt, zitterte leicht.
Wilma alleine nackt im Bett hätte ich mir auch gerne in aller Ruhe angeschaut, doch da war leider noch jemand. Auf der anderen Bettseite lehnte mit nacktem Oberkörper – der Rest Gott sei Dank unter der Decke – ein guter Bekannter der Familie Herzl. Der Schauspieler Daniel Schürmann, derzeitiger Drehpartner von Wilma und gelegentlicher Saufkumpan von mir. Der Schürmann schaute mich ziemlich bedrückt an, als wolle er sagen: «Ich wollte deine Freundin nicht bumsen. Bin einfach ausgerutscht und auf sie draufgefallen.»
Er hätte einem glatt leidtun können, hätte er nicht gerade mein Leben pulverisiert.
Ich merkte innerhalb von drei Sekunden, dass ich, wenn ich jetzt nicht sofort ging, vermutlich einen Hirnschlag bekommen würde. So drehte ich mich um und verließ kommentarlos die Wohnung, die Treppen runter, trat hinaus auf den Helmholtzplatz, rannte fast in einen kreuzenden Kinderwagen hinein, setzte mich in mein Auto und fuhr erst mal zwei Stunden durch die Gegend.
Einfach nur gefahren bin ich.
Ziellos.
Zeit schinden.
Auf der Autobahn.
Mit dem Wissen, dass ich da gleich nochmal hinmuss.
Dass man da was klären muss, was eigentlich gar nicht mehr zu klären ist. Und der Hoffnung, dass der feine Herr Schürmann hoffentlich so aufmerksam war und sich erst mal wieder verpissen würde. Der Schürmann. Kann doch nicht wahr sein, hätte ich doch was merken müssen.
Komisch, dass ich keine Wut fühlte. Weder auf ihn noch auf sie. Ich bekam Bauchweh, aber konnte nicht aufhören, sinnlos rumzufahren. Auf die Avus bis nach Potsdam, dann über die Landstraße durch Kleinmachnow und Zehlendorf und den Rest der Stadt wieder zurück zum Prenzlauer Berg. Wie im Wahn, ohne Musik, ohne eine Idee. Irgendwann stand ich wieder bei Wilma in der Wohnung.
Drei Jahre war ich mit Wilma zusammen gewesen.
Drei Jahre, in denen wir uns eigentlich gut eingespielt hatten. Wir wohnten zwar nicht zusammen, aber trafen uns fast täglich, wenn wir beide in Berlin waren, gingen essen oder kochten und übernachteten zusammen. Wir flogen auch mal gemeinsam nach London auf ein Konzert, fuhren an den Gardasee und besuchten auf dem Weg dorthin meine Eltern in Rottenegg.
Sex war kein großes Thema mehr, aber immerhin war es noch eins. Ist auch nicht so selbstverständlich nach drei Jahren, wenn man den Statistiken glauben darf. Streit gab es eigentlich nie, und wenn, dann ging er nicht von mir aus. Es war eher Wilma, die hin und wieder Beziehungsdefizite ansprach. Ich bin ja auch ehrlich genug, um zuzugeben, dass ich in Beziehungen ein gewisses Phlegma an den Tag lege, aber ich bin kein Ignorant. Ich merke schon, wenn was in die Binsen geht, und ich habe immer gemerkt, wenn bei Wilma was im Argen lag, auch wenn ich es nicht gleich angesprochen habe.
Diese Daniel-Schürmann-Sache hatte ich allerdings gar nicht kommen sehen. Es war ja nicht das erste Mal, dass Wilma mit attraktiven Jungschauspielern drehte. Es war ihr dritter größerer Kinofilm, seit ich sie kenne. Schließlich stand sie auch schon mit Til Schweiger vor der Kamera, und da war ja auch nix. Zumindest soweit ich weiß.