Kaum ein Mensch hat die Technoszene so entscheidend geprägt und verändert, wie Dr. Motte. Er ist Phantast und Visionär, Botschafter der elektronischen Musik weltweit. Sein Sound ist anspruchsvoll, energiegeladen und vielschichtig. Mitreißende Club-Groves verbindet er mit treibendem Techno-Beat und macht somit den musikalischen Underground zugänglich für ein weites Publikum.
„Wer Musik auch als soziale Verantwortung einer Kultur versteht, ist und bleibt progressiv!“ (Dr. Motte)
Im Juli wird zur offiziellen Geburtstagsparty geladen. Warum findet diese im großen Kreise ganz offiziell zum ersten Mal statt?
Dr. Motte:
Meine Freundin und Managerin Ellen und ich haben vor einigen Monaten zusammengesessen, und ein paar Pläne für dieses geschmiedet. Irgendwie kamen wir auf die Idee mit der Geburtstagsparty und lachten eigentlich darüber. Doch dann schauten uns an und alles war klar. Ellen hatte gerade erst ein paar Dinge für unsere neue Agentur PRAXXIZ Booking geregelt, und deshalb war es sehr einfach stand das Line-Up auch sofort fest. Mit dabei: Mijk van Dijk, Superstrobe, der in Kürze seine neue Single „Strip Down“ auf unserem Label PRAXXIZ veröffentlichen wird, inklusive Da Fresh Remix, Emanuel Eisbrenner, Alex Hatcher, Henning Richter, DJ Kristin, André Gawlitza und unsere Freunde aus dem Club „New Basement“ Wiesbaden, die extra ihren Betriebsausflug auf dieses Wochenende legten! Das wird ’ne Sause. Extra aus diesem Anlass hat Ellen außerdem einen kleinen Papp-Dr.-Motte gebastelt. Den könnt ihr euch übrigens auf meiner Website downloaden, nachbasteln und auf den Nachttisch stellen. Quatsch, natürlich wird Euer Bastelfleiß auch belohn. Die ersten zehn Gäste, die ihren Pappkameraden zur Party mitbringen, bekommen Geschenke.
Dein Label PRAXXIZ befindet sich im 11. Jahr, angelehnt an die gleichnamige Booking-Agentur. Was hat sich gerade in den letzten Jahren bei Euch getan in Hinsicht auch auf neue Künstler?
Dr. Motte:
Der Label-Start war eigentlich erst 2010. Ich hatte 2001 allerdings unter dem Namen PRAXXIZ ein paar Parties zusammen mit dem Kasino in Berlin gemacht. Dann hatte ich aber Pech mit meinem damaligen Partner und sagte erst mal alles Weitere ab. 2010 habe ich mich dann dazu entschlossen, mit dem Label anzufangen. Ich bin Dieter von Deejay.de sehr dankbar für seine Hilfe bei allem. Wir machen auch immer erst einen Vinyl-Release und ca. einen Monat später die Digitalveröffentlichung. Ich finde, ein Release ohne Tonträger ist eben kein Release. Deshalb sagen wir: „Vinyl First“.
Als Gründer der Loveparade verfolgst Du sicher die in diesem Jahr stattfindende B-Parade. Beobachtest Du dieses neue Vermächtnis als Gegner oder Befürworter?
Dr. Motte:
Weder noch. Ich halte mich da raus. Diese Veranstaltung hat keine Basis in der Berliner Clubkultur. Niemand kennt diese Leute, die diese Veranstaltung auf unserem heiligen Grund machen wollen. Wie ich gehört habe sollen Trucks 15.000 Euro Anmledegebühr kosten und es soll 480 „Fressstände“ geben. Keiner von meinen befreundeten DJ Kollegen ist dabei. Auch interessant das alle denken, es sei die LoPa. Das kommt dabei raus, wenn immer fleißig sagt „Wir sind nicht die Loveparade.“. Das ist der Effekt den Marketing Fachleute gerne auch als „umgekehrte Psychologie“ bezeichnen.
Kurz zum Skandal-Thema GEMA. Ihr habt den Verein electrocult_e.V. im März 2011 ins Leben gerufen. Dieser setzt sich gerade enorm gegen die anstehende Tarifreform der GEMA zur Wehr. Inwiefern erreicht ihr damit politisch entscheidende Prozesse?
Dr. Motte:
Das ziel von electrocult_e.V. ist es, die elektronische Musik- und Clubkultur zu fördern, darzustellen und zu pflegen. Wir sind gerade mit den internen Strukturarbeiten fertig geworden. Das war ein langer Prozess und hat einiges verändert, auch personell. Dann kam die Nachricht, dass die GEMA neue Tarife beschlossen hatte, die die Existenz vieler Clubs in ganz Deutschland gefährden würden. Am 14. Mai trafen wir uns das erste mal mit 20 Szene-Berlinern. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Toxic Family aus Frankfurt Main bereits sehr gute Arbeit in den Clubs dort geleistet. Das war die Inititialzündung für die Berliner Gruppe, sich dem anzuschließen. Am 22. Mai hatten wir bereits ein großes Treffen mit ca. 120 Heads der Berliner Clubszene und verfassten dabei auch eine erste Presseerklärung.
Alle anwesenden Betroffenen haben diese Erklärung unterzeichnet und es kommen ständig noch neue Unterzeichner hinzu! Die GEMA Tarifreform 2013 trifft wirklich alle von uns, ob Clubbetreiber, DJ, Getränkezulieferer, Taxifahrer, Hostels,… und den Clubbesucher! Die enorme Gebührenerhöhung müsste finanziell irgendwie ausgeglichen werden. Z.B. zur Personaleinsparung, weniger hochwertige, weil billigere Bookings und höhere Preise in den Clubs! Unser Anspruch: es trifft alle und alle sind willkommen sich einzubringen oder uns zu unterstützen. Politische Prozesse kann man öffentlich einfordern. Unserer Forderungen sind
- stoppt die GEMA Tarifreform 2013.
- Transparente Abrechnungsmodalitäten
- Beteiligung aller Betroffenen bei der Tariffindung und
- Stellungnahme und Intervention der Politik auf Landes- und Bundesebene.
Von all dem Frust noch einmal zurück zum eigentlichen Thema Musik. Zusammen mit Gabriel le Mar releast ihr gerade eine neue EP. Wie kam es dazu und wie verlief der Produktionsprozess bei zwei so viel beschäftigten Strategen?
Dr. Motte:
Mit Gabriel verstehe ich mich sehr gut. Wir haben eine sehr ähnliche Wellenlänge was Musik und Weltanschauung betrifft. Manchmal wenn wir im Studio sind, reden wir über sehr viele Dinge sehr lange. Ich bin froh mit Gabriel zusammen zu arbeiten. Jetzt endlich kommt, nach dem letzten CD-Album „Dr. Motte meets Gabriele le Mar“ auf fax Records, unsere neue gemeinsame Single „Puttin’ On The Green Hat“ auf PRAXXIZ. Sich „den grünen Hut aufsetzen“ entspringt der Kreativtechnik der „Denkhüte“ oder auch die „6-Hut Methode“ oder auch „6 Denkrichtungen“. dabei ist der grüne Hut der grenzenlos kreative und immer auf der suche nach neuen Ideen und Perspektiven, um eine Aufgabe zu lösen. Alles ist erlaubt. Zuerst erscheint die Original Version, zusammen mit dem sehr geilen Remix meines italienischen Kollegen Nihil Young (Frequenza Records) und 2 DJ-Tools auf Vinyl. Danach kommen 2 weitere fette Remixe von Thomas Lizzara (Ostfunk Records) und Ingo Boss (Cocoon Rec.). Wenn das keine Ansage ist…
Werden in Zukunft regelmäßig Veranstaltungen mit PRAXXIZ aufgeführt, bzw. gibt es dazu eine Tour?
Dr. Motte:
Wir peilen natürlich weitere PRAXXIZ Events an. Mit dem Tresor Berlin planen wir zum Beispiel gerade unsere nächste PRAXXIZ Labelnight am 25. August. Aber „PRAXXIZ On Tour“… Das wäre wirklich ein riesen Spaß! Ich spiele gerne zusammen mit unseren Künstlern, ob sie nun bei PRAXXIZ Booking sind oder auf PRAXXIZ Rec. Veröffentlichen. Wir legen Wert darauf uns nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich gut zu verstehen. Ob bei PRAXXIZ oder auch bei electrocult_e.V.. Family eben!
Vielen Dank für das Interview und einen tollen Sommer 2012.
Interview: sm
VÖ out now: “puttin`on the green hat” – Dr. Motte meets Gabriel Le Mar
Incl. Nihil Young Remix – Praxxiz Label