Dieses Monat wurde Herzblut Mann Stephan Bodzin mit unseren Fragen unter die Lupe genommen und erwies sich wie erwartet als sehr symphatischer, erfolgreicher Künstler!
Kennst du das Wort Freizeit eigentlich noch?
Freizeit kommt tatsächlich ein wenig zu kurz momentan. Die Musik nimmt mich seit vielen Jahren mehr oder weniger voll in Anspruch! Ist natürlich nach wie vor ein großes Privileg, so leben zu dürfen! Aber ab und an Mal mit Kumpels am Wochenende an der Weser abhängen wär schon mal was.. lacht! Also wenn ich dann mal frei hab verbringe ich möglichst viel Zeit mit meiner Frau, meinem Sohn und Freunden.
Gibt es einen bestimmten Ort oder Club, der dir persönlich am meisten zusagt?
In der Liste der großen Clubs spielt das Flex in Wien eine erhebliche Rolle! Sonst wären da noch das D-Edge in Sao Paulo, die Chinese Laundry Sydney und nicht zuletzt das legendäre Womb in Tokyo. Alles ganz fette Venues.
Du warst zu Beginn deiner Karriere mit der Vertonung von Theaterstücken beschäftigt. Wie kam es dazu und kommst du heute auch noch damit in Kontakt?
Dazu kam es per Zufall. Quereinstieg sozusagen. Die Geschichte würde hier den Rahmen sprengen. Mein Vater kannte jemanden, dem das Tape gefiel, dessen Bruder ein richtig großer Komponist mit engen Kontakten zu Johan Kresnik ist, dessen einziger Schüler wie er selber Kärntner ist, wessen Bühnenbilder mich irgendwo trafen… ok.. und so weiter. 6 Jahre experimentales komponieren zwischen Klassik und Elektronik-Trash. Hat Spaß gemacht und auf Grund von Übersättigung ein natürliches Ende gefunden. Und nein, bisher habe ich keinen Anlass gesehen, irgendetwas außer elektronischer Tanzmusik zu produzieren und somit auch keinen Kontakt mehr zu der Szene. Wer weiß ob sich das in Zukunft nicht noch einmal ändert..
Du bist ja klassisch ausgebildeter Musiker. Hilft dir deine Ausbildung bei deinem heutigen Schaffen?
Ja! Ich versuche wenigstens ab und an eine (wenigstens mich) ergreifende Melodie oder harmonische Abfolge in meine „Tracks“ einzubauen. Da ist es hilfreich, wenn man weiß, wie man Moll antäuscht um am Ende doch Dur zu meinen.
Ab und an improvisiere ich solange mit irgendeinem beliebigen Sound, bis etwas Interessantes entsteht und passe dann erst den Sound der Melodie an. Ok, wenn dann der Sound passt, stimmt die Melo nicht mehr.. und so weiter und sofort.. lacht!
Also mir macht es durchaus Spaß, neben den fetten Beats auch mal ein paar Töne zu hören. Auch wenn das mehr und mehr aus der Mode kommt. Vielleicht ein weiterer Grund, genau das intensiver zu verfolgen? Ich denke schon.
Kehren wir mal zu deinen Anfängen zurück. Kannst du dich noch erinnern, wie du zum DJing gekommen bist?
Da das nur 4 Jahre zurückliegt, JA!
Meine Kollegen und Partner haben mich solange genervt, bis ich schlussendlich einsah, dass Auflegen ne gute Sache werden könnte. Nach der zweiten Show war mir dann schnell klar, dass ich darauf so schnell nicht mehr verzichten möchte. Was gibt es größeres, als vor so vielen Menschen zu stehen, die alle nur feiern wollen!!?? Also mir geht das echt nah und ich werde das solange machen wie’s halt geht.
Konntest du direkt davon leben?
Hm.. Lass mich kurz überlegen.. Glücklicherweise Ja!
Kannst du dich noch an deine erste Platte erinnern?
Ja, Kraftwerk „Autobahn“ (LP). Unfassbar weit vorne. 1974!! Mann, mann, mann,…
Wann kam dir zum ersten Mal der Gedanke ein eigenes Label zu machen?
Mit dem Gedanken, mich wenigstens vorübergehend aus einigen Kollaborationen zu lösen und mehr auf meinen eigenen Sound zu konzentrieren kam der Plan, diese dann auch in Eigen-Regie zu veröffentlichen. Zum einen, um unabhängig von anderen Meinungen und Vorlieben Musik ganz spontan unter die Leute bringen zu können. Zum anderen um weniger Geld and Dritte abzugeben. Was ja nun wahrscheinlich keinen Sinn macht, wenn man nicht das entsprechende Label-Profil oder die sich ggf ergebenden Kontakte nutzen möchte.
Welche Philosophie steckt hinter dem Namen deines Labels?
Herzblut sollte allen Wiener Lesern ein Begriff sein. Allen anderen sei gesagt, dass ich beim Produzieren heulen und/oder wahnsinnig werden kann. Ich stecke in jeden Track soviel von mir hinein, dass es manchmal schmerzt. Bei uns jedenfalls redet man sprichwörtlich von: „Da steckt Herzblut drin“. Das gefiel mir von Anfang an. Und egal wie sich das Label musikalisch entwickelt, wird dieser Name sicher weiterhin gut passen.
Wie empfindest du die derzeitige Marktsituation?
In Bezug auf Tonträger: Schwierig, aber nicht schlimm. Wir haben eigentlich sogar im Vinyl-Bereich noch erträgliche Zahlen. Digital entwickelt sich sehr gut und ist logischerweise die Zukunft. Harte Arbeit und flexibles Denken erforderlich. Mir macht das Spaß!
In Bezug auf Shows: Unverändert gut bis besser werdend! Die Leute wollen feiern, feiern, feiern.. eine Freude!
Wo ordnest du deinen Sound ein?
Gewöhnlich gar nicht.
Welche Aspekte spielen für dich bei der Trackauswahl eine Rolle?
1. Sie müssen mir gefallen, 2. die Menschen müssten tanzen (und/oder schreien) können, 3. Vielfalt innerhalb eines Dj-Sets ohne den Faden zu verlieren, 4. fette Beats (manchmal auch auf 1), 5. fette Töne (auch manchmal auf 1)
Einer der schönsten Momente deines Lebens?
Mit meiner Frau, meinem Sohn und 50 guten Freunden und Verwandten auf einer Insel 8 Tage am Stück unsere Hochzeit zu feiern… was für ein Fest!
Der Festivalsommer naht ja so langsam aber sicher, was sind neben dem Urban Art Forms deine Highlights 2009?
Sonar Festival Barcelona, Dance Valley Festival Amsterdam im Rother/Hell Brötchen, Kazantip Festival B2B mit Huntemann und ner Flasche Vodka, Mexico- und Kanada-Tour. Und natürlich noch diverse andere Shows in anderen Ländern, die hoffentlich alle großartig werden!
Und dann.. steht da die grooooße Pause von Ende August bis Ende November an, in der ich keine Show spiele und mein (von mir am meisten) lang erwartetes, nächstes Album produzieren werde!! Das Lotterleben hat ein Ende – es wird wieder produziert.. lacht!
Ich bedanke mich bei dir für deine Zeit und Antworten und wünsche dir viel Erfolg und Glück!
Vielen Dank für das Interview!