Dj Phono Smalltalk Hamburg

DJ Phono – eine Mischung aus Musik und Entertainment

Vor seinem Auftritt im Zeichen des SÜDPOL am 05. Juli 2004 mit Ali.IS, nutzten wir die seltene Gelegenheit, ein paar Worte mit Phono, seines Zeichens DJ der Hamburger Hip Hop Combo DEICHKIND, zu wechseln. Als wir die Hoffnung gerade aufgeben wollten, den sagenumwogenen Mixmeister zwischen seinen zahlreichen Festival- und Konzertauftritten, ans Telefon zu bekommen, meldete sich aus heiterem Himmel ein äußerst netter und auskunftsfreudiger junger Mann. Ihm machte es sichtlich Spaß sich mit uns auszutauschen und man anmerkte ihm an, dass er genau das tut, was er tun will. Entertainment und Musik verbinden und, man höre uns staune, Verantwortung übernehmen!

Hallo Henning, schön dass es nun doch noch mit uns geklappt hat. Gleich zu Beginn die Grundsatzfrage. Was erwartet uns am 5. Juli im Airport in musikalischer Hinsicht? Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Mit Hip Hop hat das alles nicht viel zu tun, oder?

Ich mache Minimal Techno! Irgendwo zwischen Elektro, Pop und House. Ich versuche zahlreiche Styles in meiner Musik zu verbinden, dabei dreht sich viel um Dynamik in meinem Set, um einfach auch mal Ausrast-Effekte beim Publikum zu erzielen. Dabei kommt es aber auch immer auf die Leute an. Ich möchte natürlich auf die Crowd im Club Einfluss nehmen, damit es ein gemeinsames Erlebnis wird. Jeder sollte gleichberechtigt sein und im Idealfall kommt es zu einem Nehmen und Geben. Ich gebe Energie und natürlich muss da auch Energie zurückkommen, damit wirklich 100% dabei rauskommt!

djphono-smalltalk-hamburgHattest du überhaupt schon mal einen richtig beschissenen Abend?

Hatte ich natürlich. Ich war mal auf einer Art Teenie-Disco auf der Schweiz Winter Tour. Die Leute vor mir haben alle einen Hit nach dem anderen abgeballert und da kannst du dann auch nichts machen, weil das Publikum etwas völlig anderes erwartet, als das was du dir vorstellst.

Ich verstehe. Typische, aussichtslose Situation. Kommen wir zu den Sonnenseiten: Ich habe gehört du verschenkst manchmal deine Gage ans Publikum? Ist das ein Gerücht oder ist da was dran?

Gab es auch schon. Es war einer dieser Abende, wo jeder einfach gleichberechtigt war und die Leute total ausgerastet sind. Da sind die Schranken gefallen zwischen mir und dem Publikum und es war ein geniales, gemeinsames Erlebnis, so dass ich mir dachte, scheiß auf die Gage! Dafür saufen wir! Das sind eben auch einfach so Abende, die man wiedererleben möchte, weil man einfach merkt, was eigentlich möglich ist. Das liegt aber immer viel an den Leuten, nicht nur an mir. So ein Abend gibt dir danach einfach auch unglaubliche Energie. Das treibt mich an, selbst wenn ich jetzt noch daran denke.

Kann ich mir vorstellen. Die gewissen Momente, von denen wir noch unseren Enkeln erzählen … 😉 Doch zu was anderem. Du produzierst auch selbst. Worum ging es dir bei der ersten Platte „Lovetorpedo“?

Dieses Album entstand unter der totalen Motivation, einfach etwas zu machen und rauszubringen, da hatte ich auch noch nicht so viele Erlebnisse wie man nach 20 Jahren als DJ mal haben wird und deswegen habe ich versucht einfach ein Statement abzugeben, wie es gerade ist und wie ich mich fühle.

Hast du auf der Platte mit Live Instrumenten gearbeitet?

Sehr viel sogar. Ich hab Sachen selbst gespielt, aber auch viel mit anderen Musikern gearbeitet. Ich denke Samples und Instrumente halten sich auf dem Album etwa in der Waage. Das war so vor zwei Jahren, als ich anfing mich etwas aus dem Hip Hop zu entfernen und anfing House Sachen zu mögen. Ich wollte einfach mal etwas anderes machen.

Anfang Juli released dein neues Projekt „Extra“. Was erwartet uns?

Phono (wird euphorisch): „Extra“ sind mein Mitbewohner Björn, mein Studiokompagnon Thomas und ich. Das Ganze ist recht schnell, so 170bpm oder 180bpm, es ist sehr viel mit Breaks behaftet und verbindet Elemente aus dem Punkbereich mit elektronischer Musik. Die Maxi erscheint Ende des Monats bei Bungalow Records mit drei Stücken drauf und Ende des Jahres kommt dann auch ein Album. Das Ganze ist recht poppig, aber wird sicher nichts in der Größenordnung von Deichkind werden. Bei „Extra“ bin ich freier. Ich will einfach immer mehr aus mir rauskommen, einfach rumzappeln und jegliches Schamgefühl verlieren. Das ist das Ziel.

djphono-smalltalk-hamburg2

Wie war es eigentlich bei Rock Im Park nach Kool Savas zu spielen? Ihr sympathisiert ja nicht gerade mit ihm.

Also ich habe überhaupt kein Bedürfnis hier gegen Kool Savas Stimmung zu machen. Der DJ von ihm ist auch ein total netter Typ. Die Leute wollen immer nur hören: Ich find den Typen scheiße. Wir finden ihn eigentlich ganz gut. Wir sehen das alles eher humoristisch, er hat vielleicht nicht den geilsten Einfluss auf Jugendliche und dient nicht gerade als Vorbild, aber da kümmere ich mich lieber um meine Sachen und nicht um seine.

…die da wären?

Mir geht es in erster Linie schon um Entertainment, aber ich greife auch durchaus kritische Thematiken wie den Krieg gegen Irak in mein DJ Set auf. Das kann dann dadurch geschehen, dass ich entweder ganz deutlich am Anfang sage, dass ich jetzt ein Konzert gegen den Krieg mache oder einfach ein Gespräch nachstelle von Vater und Sohn, wo man dann am Schluss merkt, dass der Vater Präsident Bush ist und der Sohn die ganze Zeit die Sache verurteilt und der Vater versucht das was er tut zu verteidigen. Es gibt da verschiedene Möglichkeiten, das zu tun. Man kann durch solche Sachen auch entscheidende Impulse setzen. Der Musik kann man sich entziehen, aber einer Stimme nicht. Natürlich geht es viel darum einfach zu provozieren. Wenn du in den Club gehst und siehst lauter hübsch gestylte Menschen, die sich vorher stundenlang vor den Spiegel stellen, aber keine Zeit haben sich mal Gedanken über die wirklich wichtigen Dinge in der Welt zu machen. Da versuche ich schon meine Meinung klar zu machen und etwas zu bewegen. Ist auf jeden Fall besser, als alles zu ignorieren. Ich denke jeder Mensch hat eine gewisse Verantwortung seinen Mitmenschen gegenüber und deshalb beziehe ich auch Position bei Dingen die mich stören oder denen ich sage, hey, da bin ich aber dagegen!

Was war eigentlich der schönste Moment den du jemals auf der Bühne hattest?

Es gab da viele Dinge. Auf einem Deichkind Konzert hat einer auf der Bühne seiner Freundin einen Heiratsantrag gemacht. Das war schon sehr schön. Aber die Abende, an denen die Schranken zwischen mir und dem Publikum fallen, sind natürlich auch einzigartig und bleiben in Erinnerung.

Wir bedanken uns bei Henning Besser aka DJ Phono für das sehr interessante Gespräch und hoffen dass die Grenzen zwischen ihm und dem Publikum auch am 05. Juli verschmelzen, wenn er mit Ali .IS im Würzburger Airport zu erleben ist.