Na sauber! Was für ein Start ins neue Jahr. Zumindest für mich. Über die letzten Jahre habe ich mir ja angewohnt es im Januar langsam bzw. gar nicht angehen zu lassen. Soll heißen, „no party, no cry“, zumindest wenn man es auf das Reisen bezieht, denn das kann manchmal wirklich zum Heulen sein. So gerne wie auch eigentlich unterwegs bin… und der Jahresbeginn 2013 sollte der Beweis sein!
Wie gesagt, so wie viele Kollegen mache ich im Januar gerne mal Pause, dieses Mal aber kam mir da eine Anfrage aus Holland dazwischen die ich nur ungern ablehnen wollte, und für die es in absehbarer Zeit auch keinen Ausweichtermin gegeben hätte. Und weil es so schön gepasst hat, sowohl zeitlich als auch räumlich, hing ich an den Freitag, 18. Januar in Amsterdam noch den Samstag, 19. Januar in Aachen.
Da die beiden Städte ja nicht sooo weit auseinander liegen (nur sieben Stunden, Du hast richtig gelesen, dazu späer mehr…) beschloß ich der Deutschen Bahn mal wieder eine Chance zu geben. Tja, manche Entscheidungen sind halt einfach die falschen. So geisteskrank es auch gewesen wäre, lieber hätte ich die paar Kilometer von Amsterdam nach Köln fliegen sollen (Ja, das geht mit der KLM!), und mich dort abholen lassen sollen.
Aber das wäre ja in etwa so gewesen als würde ich die Veranstalter bei meinen Gigs bitten mich mit dem Hubschrauber vom Hoteldach abzuholen, und mich auf dem Dach des Clubs oder der Halle aussteigen zu lassen. Da fällt mir ein, den Fall soll es ihn ähnlicher Form mal vor vielen Jahren just in Holland gegeben haben, als ein großer, sehr großer und bekannter Act aus England wohl angeblich darauf bestand am Flughafen Schiphol mit dem Hubschrauber nach Tilburg im Süden Hollands (ca. 1h Fahrtzeit mit dem Auto, also durchaus ok…) gebracht zu werden.
Tsss, Sachen gibts. Aber zurück zum Thema. Es siegte also die Unvernunft, und ich entschied mich für eine Reise mit der Deutschen Bahn, denn die schickt jeden Tag ein paar von ihren tollen ICE
s nach Amsterdam um dann von dort über Köln nach Frankfurt zu fahren. Nach Köln hätte mir schon gereicht. Hätte. Du merkst was?
Da meine durchschnittlichen DJ-Gagen in Höhe einer Wurstsemmel und einer Flasche Wasser keine großen finanziellen Sprünge zulassen, zumal ich im Januar ja wegen meines Urlaubs auch mit deutlich weniger Wurstsemmeln auskommen mußte als gewohnt, buchte ich also 6 Tage vor der geplanten Reise ein sogenanntes Online-Ticket auf der Homepage der Deutschen Bahn um Geld zu sparen. Um 16:34 sollte es losgehen und nach einmal umsteigen in Köln sollte ich um 20:07, quasi gerade rechtzeitig zu „Wetten Dass“ in Aachen ankommen.
Sollte. Du merkst was? Ich suchte mir also einen von den tollen ICE`s aus, buchte zur Feier des Tages und wegen des Sonderpreises die 1. Klasse für genau den ausgewählten und angezeigten Zug, denn deren Sonderpreis war erstaunlicherweise günstiger als der nur noch verfügbare Normalpreis in der 2. Klasse. Muß jetzt keiner verstehen, ich hab es auch aufgegeben, gab meine Daten inkl. Telefonnummer und Email-Adresse ein (wichtige Nebeninfo), und so war ich gut gerüstet für das Abenteuer Deutsche Bahn, das manchmal nicht vermeidbar ist.
Dachte ich zumindest. Doch dann kam der Reisetag. Gut ausgeschlafen dank des positiven zeitlichen Nebeneffekts beim Bahnfahren, wo man eben nicht raus aus der Stadt zum Flughafen muß, und das deutlich vor der Abflugszeit, kam ich um kurz vor 16:30 zum Bahnsteig am Bahnhof in Amsterdam von wo aus alles beginnen sollte. Sollte. Du merkst was? Da stand ich nun, einige offenbar auch deutsche Mitreisende nach rechts und nach links blickend, aber kein ICE. Blick auf die Anzeigentafel, und dann noch eine Durchsage, und es war klar: Der Zug fällt aus. Bravo.
Ich ging zu einem lustigen und trotz eisiger Kälte gut gelaunten Mitarbeiter der „Niederlandse Spoorwege“, und der meinte nur mit allen Klischee`s entsprechenden Holland-Deutsch-Akzent „das ist ken Problem, nehmen se einfach de Zuch nach Arnheim, da haben se denn Anschluß mit de Bus nach Duisburg, und da geiht es denn weiter“. Aha. Warum wollte ich noch wissen, und der Mann kannte sich aus: „Da ist een Stellwerk-Baustelle in Emmerich heute und morgen, da fallen einige Züche aus, auch deine…“. Aha. Das weiß also der lustige Holländer auf dem Bahnsteig, aber die Datenbank der Bahn zur Ticketbuchung weiß das nicht. Du merkst was?
Ca. 45 Minuten später als geplant ging es los nach Arnheim mit einem planmäßigen Zug der niederländischen Bahn, mit „Wetten Dass“ würde es also knapp werden, und pünktlich nach deren Fahrplan kamen wir dort an, und da standen sie dann in voller Pracht: Drei 25 Jahre alte Stadtbusse eines Regionalverkehranbieters irgendwo aus Nordrhein-Westfalen. Obwohl ich in Erdkunde immer ganz gut war, und mich darüber etwas wunderte dachte ich mir nur „Ey, kann ja dann nicht so weit sein nach Duisburg wenn die hier Stadtbusse hinstellen!“. Dachte ich. Du merkst was? Und los ging`s.
Bisl kühl war es bei der Abfahrt, aber na ja, ist ja Winter und die Heizung im Bus muß ja erstmal warmlaufen. Dann auf einmal rauf auf die Autobahn, und ich dachte mir „Hmm, wohl doch etwas weiter…“, und so ging es los mit 100 Sachen in einem Stadtbus über die Autobahn, die Türschlitze so groß daß man Kinder hätte durchstecken können, und kein Witz, dem Typ auf der Sitzreihe gegenüber liefen die Lippen blau an. Frauen vermummten sich trotz gesetzlichem Verbot, es sah aus wie in einem islamischen Land. Nur kälter. Man konnte die Reisenden atmen sehen im Bus, mehrmals gingen welche zum Fahrer und fragten ob er nicht die Heizung anschalten könne.
Der entgegnete immer nur „die läuft doch auf vollen Touren!“. Na sauber, das wird was werden. Wann fallen die ersten in Ohnmacht (wichtige Nebeninfo) oder werden zu Eisklötzen. Gott sei Dank habe ich wohl ein sonniges Gemüt, was man bei solchen Temperaturen ja gut brauchen kann, und so dachte ich nur an die Szene aus „Dumm und Dümmer“, in der Jim Carey`s Buddy auf dem Skilift mit der Zunge an einer Eisenstange kleben blieb. Gott sei Dank gab es keine blanken Eisenstangen im Bus.
Die Fahrt kam mir mit zunehmender Dauer vor wie eine Ewigkeit, wir brauchten dann tatsächlich fast zwei Stunden bis kurz vor Duisburg, und ich dachte mir „Wie sollen wir jetzt alle aussteigen wenn doch keiner mehr seine Zehen spürt, denn die sind fürs Gleichgewicht halten beim Gehen ja nicht ganz unwichtig!“.
Doch soweit sollte es dank des Staus kurz vor Duisburg noch nicht sein. Gute Nachricht: beim Stehen wurde es im Bus gefühlte fünf Grad wärmer, schlechte Nachricht: es muß wohl einen Unfall auf der Autobahn in der Nähe gegeben haben, denn der Rettungswagen kam in unsere Nähe – und blieb hinter uns beim dritten Bus stehen.
Ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn machte sich auf den Weg nach hinten, kam wieder zurück und erzählte seiner Kollegin daß wohl im letzten Bus ein älterer Mann in Ohnmacht gefallen sei wegen der Kälte, und der würde nun ins Krankenhaus gebracht. Kein Witz! Um es etwas abzukürzen und um Dir weiteres Gejammer zu sparen:
Um 23:07 kam ich nach zweimal Umsteigen in Duisburg und Köln in Aachen an, „Wetten Dass“ vorbei, „aktuelles Sportstudio“ in vollem Gange, fast 7 Stunden Reisezeit von Amsterdam nach Aachen, davon fast 2 Stunden in Stadtbussen mit für diese Art von Fahrzeugen lebensgefährlicher Geschwindigkeit und Temperaturen von ca 0 Grad (drinnen, nicht draußen!) auf der Autobahn um dann fast eine Stunde im Stau zu stehen.
Ich habe recherchiert: es wäre schneller (und wärmer) gewesen statt One Way-Tickets Hin- und Rückflug von München nach Amsterdam, wieder zurück nach München und dann weiter Köln zu buchen, trotz Transferzeit am Flughafen München und der fahrt vom Flughafen Köln nach Aachen. Und zum Abschluß noch eine Frage an die Mitarbeiter der Deutschen Bahn unter Euch:
wie kann es sein, daß ich 6 Tage vor Reiseantritt einen Zug fix buchen kann, für den der Ausfall aufgrund von lange geplanten Bauarbeiten schon feststeht? Wie kann es sein, daß ich trotz Bekanntgabe meiner Kontaktdaten bei der Buchung keine einzige verschissene Info bekomme daß der Zug ausfällt, und ich erst am Bahnsteig in Amsterdam erfahre, was Sache ist?
Und wie kann es sein daß die Deutsche Bahn dann trotz tagelanger Planungszeit keinen ordentlichen Ersatzverkehr auf die Autobahn schickt? Du siehst, manchmal erhalten wir Artists keine Gage, nein, es ist Schmerzensgeld, das bezahlt wird. Und an der Party liegt es nicht. Du merkst was?