Ist ja gar nicht so lange her daß ich mich an dieser Stelle über unseren „flachlandigen“ Nachbarn ausgelassen habe, und eigentlich könnte ich nun auch endlich nachholen, wie das mit der Einreise zu Fuß in die USA war. Oder über Buenos Aires berichten, aber der Mexiko-Trip ist schon ein paar Monate her, Buenos Aires wird ohnehin verfilmt und kommt wohl im September als DVD, und Amsterdam vor Kurzem war mal wieder außergewöhnlich, sozusagen…
Dabei sah es zunächst ganz so aus, als würde der im Bunker geplante Event in Amsterdam quasi ortsgerecht „ins Wasser fallen“, aber nach ein paar Wochen Funkstille kam dann kurz vor dem Event die Ansage aus Holland „Nein, alles gut, wir machen Party!“ und da die Flüge ja ohnehin schon gebucht waren alles kein Problem. Noch nicht. Also machte ich mich dran der Welt über unser aller Lieblings-Voyerismus-Support-Tool Facebook mitzuteilen, woran ich immer denken muß wenn ich auf dem Flugticket „AMS“ lese, und dank Facebook-Kollegin Youtube findet man dann auch recht schnell Mark Foggo`s Skasters mit ihrer ganz eigenen Version von „Tulpen aus Amsterdam“, aber ich schweife schon wieder ab, wie ich gerade feststelle.
Also, wie gesagt, Party gut, alles gut, nur hatte ich da so meine Zweifel bei diesem Termin, denn am gleichen Tag fand eine Electric Deluxe Party in Amsterdam statt mit Localhero Speedy J und Chris, Tag zuvor war schon der „Baba“ in der Stadt, und zu allem Überfluß auch noch Queensday in Holland, was bedeutet daß in der Stadtmitte wohl die Hölle los sein wird, aber wohl nicht außenrum. Da denkt sich der Profi „Ups, könnte schwer werden eine runtergekommene Hütte ohne Konzession und somit Möglichkeiten zur intensiven öffentlichkeitswirksamen Werbung in Hafengegend als Ersatz für den von den Behörden geschlossenen Bunker voll zu kriegen…“.
Wie auch immer, der 29. April war gekommen, und wie ich das ganz gerne mache legte ich vor der Fahrt zum Flughafen noch einen Zwischenstop im Studio ein und rechnete noch mal kurz durch daß ich laut Abflugzeit 15:50 um 14:50 am Flughafen sein muß was bedeutet „Hit the road, Jack!“ ist für 13:50 anzusetzen. Diesmal gings über Frankfurt, und nicht direkt nach Amsterdam, das auch noch, die Vorzeichen könnten besser stehen dachte ich mir noch, aber schlimmer geht
s immer…
Punkt 13:45 packte ich meinen Kram ins Auto, und zog aus meinem langjährigen, treuen Reisebegleiter, einem selbst gebastelten bombensicheren Dokumentenumschlag, noch mal die Buchungsbestätigung raus um nach der Flugnummer zu schauen, und dabei mußte ich feststellen, daß die Abflugzeit ja gar nicht um 15:50 war. Da stand also tatsächlich 15:10 auf diesem Drecks-Papierfetzen und mir wurde auf einmal ganz heiß! War er jetzt also gekommen? Der Tag, der irgendwann kommen mußte, der lange auf sich hat warten lassen, der immer als unvorstellbar galt, der immer nur eine theoretische Bedrohung war, der Tag, an dem ich zum ersten Mal aus eigenem Verschulden einen Flug verpassen sollte?
Um 13:47 war er also gekommen, mir wurde klar, nein, ich würde es nicht schaffen innerhalb von 1h 20 min zum Flughafen zu kommen, mein Gepäck einzuchecken, die Sicherheitskontrollen hinter mir zu lassen und dann in der fliegenden Röhre nach Frankfurt zu sitzen, so wie es eigentlich sein sollte. Um 13:48 dann gleich die nächste „Panikattacke“: wie kriege ich meinen Flug von Frankfurt nach Amsterdam, der um 18:25 ab Frankfurt gehen sollte?
Der Mensch ist manchmal unglaublich, man soll nicht meinen wie viele Gedanken man gleichzeitig haben kann (paralleles Rechnen ob es schneller wäre mit dem Zug nach Frankfurt zu kommen oder per Auto durchs halbe Land zu fahren), aber relativ schnell erinnert man sich dann auch an Pulp Fiction, denn wie sind Fonzie`s? Sie sind cool… Genau, und schön wenn man als Vielreisender eine Nummer zu Lufthansa hat, bei der man schnell Hilfe bekommt in solchen Fällen. Zugegebenermaßen eine dieses mal ganz unerwartet nicht ganz so „helle“ Mitarbeiterin verstand wohl die Problematik nicht so ganz, und so wurde offenbar keinerlei Denkprozess bei ihr angetriggert, der Alternativen zur Reise nach Amsterdam als Ergebnis ausspuckte.
Na ja, nach gezielten Fragen zu Flugalternativen während meiner Crashtestdummy-würdigen Testfahrt Richtung Flughafen München war ich um 14:10 stolzer Besitzer eines neuen Tickets MUC-FRA-MUC für den folgenden Flug um 16:40, den Preis besprechen wir dann später mal wenn es um die Frage geht warum es in meinem Testament keinerlei Vermögenswerte gibt außer ein paar schwarzen, runden Scheiben mit komischen Tönen drauf, von denen dann keiner mehr weiß wie man sie abspielt. Dann galt es „nur noch“ innerhalb von 40 Minuten am Flughafen in Frankfurt meinen geplanten Anschlußflug zu erreichen, was angesichts des erwähnten Flughafens eher ein schlechter Scherz ist.
Nach 10-minütigen „Dumm rumstehen auf dem Taxiway“, einem Sprint durch den Fußgängertunnel mit dem gesamten Gepäck unterm Arm Stand ich dann tatsächlich um 18:30 schweißgebadet am Gate B13 wo mich zwei ganz witzige Kolleginnen meiner Telefonbekanntschaft durch die Frage „na, zu lange in der Lounge gesessen?“ anzicken wollten. Auch wenn ich ihnen lieber ins Gesicht gesprungen wäre dachte ich mir „Alex, sein ein Fonzie, dem klar ist daß er es selbst verplant hat eben nicht zu lange in der Lounge sitzen bleiben zu können, zumindest nicht heute!“.
Irgendwann war ich dann doch in Amsterdam, und während ich im Hotel auf die Abholung zur Party wartete (eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, wie Du evtl. weißt…) stellte sich natürlich die Frage: Hat sich das alles jetzt überhaupt gelohnt, wenn Du nachher sowieso in einer so gut wie leeren Location stehst, die ja keiner kennt, und da ja ohnehin alle auf der anderen Party sind, die schon seit Tagen ausverkauft ist und wo genau der Sound läuft, mit dem auch ich ganz gerne in Verbindung gebracht werde?
Aber mein Bauch sagte mir „Alex, wart mal ab, irgendwie glaube ich nach dem Abendessen beim goldenen M kann es nur noch besser werden, hör auf mich!“. Pünktlich wie die Feuerwehr stand dann der Veranstalter punkt 1 Uhr vor dem Hoteleingang, und los ging`s über Stadtautobahnen, vorbei an Baustellen, heruntergekommenen Gewerbegebäuden und nicht mehr benutzten Gleisanschlüssen in eine typische Hafenstrasse auf der Rückseite einer alten Lagerhalle, und auf meine Frage wie denn die Leute hier überhaupt herfinden sollen staunte ich nicht schlecht als ich hörte daß ich mir da keine Sorgen machen solle, denn die Party mit einer Kapazität von ca. 400 Leuten war nach nur einer Rundmail innerhalb knapp einer Stunde ausverkauft, und auch der von der Polizei aufgehaltene Shuttlebus sei noch angekommen nachdem der Fahrer auf die Frage des Polizisten, wohin es denn gehen solle mit der schon im Bus feiernden Partymeute, wie selbstverständlich antwortete „Auf die Geburtstagsparty eines Freundes“.
Na sauber, wenn das mal keine Ansage ist! Kaum aus dem Auto ausgestiegen in jener dunklen Seitenstrasse, in Sichtweite von einer Gruppe von Jungs denen die Hosen bis zu den Kniekehlen herunterhingen, meinte dann der Veranstalter „Ey, Alex, laß uns gleich mal abrechnen hier und jetzt, nachher wird nur gefeiert!“. Na gut daß die Politje schon wieder weg war, dachte ich mir, wie das wohl jetzt aussehen muß für einen Polizisten wenn da ein Packen Bargeld von einem zum anderen geht, auf offener Strasse, in diesem „Ambiente“!
Holland, einfach geil! Ebenso wie die Party, die Location direkt an einem Hafenbecken bis zum Bersten gefüllt, eine Soundanlage wie im „Hörbuch“, und dazu eben diese holländische positive Grundstimmung gepaart mit Gelassenheit und der Bereitschaft alles zu geben und es einfach krachen zu lassen, egal welche Musik, welcher DJ oder welcher Ort. Das Bild beim Verlassen des Clubs um ca. 8 Uhr morgens, nachdem ich gefragt wurde ob ich nicht einfach ein wenig länger machen will als die vereinbarten 2 Stunden, könnte dieses Land und diese Crowd nicht besser beschreiben: ein Fahrrad nach dem anderen, angelehnt an den Zaun, der vor dem Sturz ins versiffte Wasser des Hafenbeckens schützt, und während die Sonne schon aufgegangen ist hörst Du hinter dir die ganze Hütte dumpf wummern und das Gekreische der Leute.
Feiern kann so einfach sein!
(Alex Bau)