Es wird immer polarisieren: der Versuch Klassik und Pop, E und U zusammenzubringen. Da kann man noch so oft behaupten, die Unterscheidung hätte sich mit dem Siegeszug der Postmoderne erledigt. Die Gralshüter der Klassik werden schimpfen, wie auch die Puristen der angeblich reinen, naiven, ungefilterten Energie der Popmusik.
Aber ist die Klassik nicht einfach ein weiterer Fundus aus dem sich die sample-erprobte Pop- und Dance-Musik bedienen kann? Könnte die klassische Musik nicht einfach eine Bereicherung für den Pop darstellen?
Wenn man Stefan Obermaiers zweite Album-lange Bearbeitung eines Klassikers aus seinem “Classic Reloaded” Project hört, ist man geneigt die Frage zu bejahen. Aber ganz so einfach ist es natürlich nicht. Damit Klassik wirklich zur Bereicherung für Pop wird, genügt es nicht einfach ein paar Partikel zu samplen.
Für sein “Classic Reloaded Project – dessen erster, jetzt wiederveröffentlichter, Teil aus Beethoven-Bearbeitungen besteht, und der jetzt mit Mozart seine Fortsetzung findet – hat Stefan Obermaier Zugriff auf den kompletten Klassik-Katalog der Universal Music Group, der vor allem aus den führenden Labels „Deutsche Grammophon“, „Decca“ und „Philips“ besteht. Die Auswahl der Stücke und ihrer Interpretationen bleibt komplett ihm überlassen.
„Ich komme ja nicht aus der Klassik“, erzählt Stefan Obermaier. „Darum ist mein Zugang zu dem Material ein ganz anderer als der des klassischen Musikers. Ich habe die Teile, die ich verwendet habe nicht nach interpretatorischen Ansätzen ausgewählt, sondern intuitiv nach dem Sound. Ich erkenne einen Dirigenten auch am Sound. Ein Harnoncourt klingt klarer und dynamischer als ein Böhm. Je nachdem was ich mit dem Stück vorhabe, habe ich für beide Verwendung.“
Stefan Obermaiers musikalische Wurzeln liegen im Live-Jazz und in der Downbeat-Elektronik Wiener Prägung. Beim Produzieren seiner elektronischen Musik versucht er so viel wie möglich selbst einzuspielen. Samples verwendet er eher sparsam. Insofern war das Mozart-Projekt eine Herausforderung. Die verwendeten Passagen sollten schon so lang sein, dass man sie wiedererkennt. „Da die klassischen Interpretationen in der Regel sehr dynamisch und nicht ‚in time‘ sind, war es teilweise ganz schön schwierig sie mit meiner Musik in Einklang zu bringen. Mein Anspruch war aber genau das: meine Harmonien und Mozarts Harmonien ineinanderfließen zu lassen. Ein klassischer Remix, der die Stücke einfach mit einem Beat tanzflächentauglich macht, lag mir fern.“
Eine weitere Herausforderung lag in der Natur Mozarts. Obermaier mag es eigentlich lieber deep und schwer. Das vorausgegangene Beethoven-Projekt lag ihm deshalb zunächst näher. Was erklärt warum gleich drei Sätze aus Mozarts schwermütigem Requiem von ihm bearbeitet werden. Aber Obermaier drückt sich nicht vor den leichtfüßigeren Kompositionen Mozarts.
Sowohl die Arie „Non Piu Andrai“aus der „Hochzeit des Figaro“ als auch der „türkische Marsch“ aus der A-Dur-Sonate Nr. 11 erfahren locker-luftige Bearbeitungen. Grundsätzlich wurden Obermaiers Koordinaten, beflügelt von Mozarts Rhythmik, hin zu einem stärkeren Groove verschoben. Und so ist es kein Wunder, dass die Arbeit an dem Mozart-Album ihm auch Impulse für seine eigene Musik gegeben hat, indem sie ihn aus seiner downbeat-comfort-zone herausgeführt hat. Ein eigenes Album auf seinem eigenen, frisch gegründetem Label -Drift Recordings-, sein eigentliches Debut, soll im Frühjahr 2013 erscheinen. Aber so lange bietet “Mozart Reloaded“ aus seinem “Classic Project” genug polarisierenden und erleuchtenden Stoff.
Stefan Obermaier
Mozart Reloaded
Emarcy
Vertrieb: Universal Music
VÖ: 13.07.2012