Es gibt sie noch diese Momentente, wenn du einen Link aus einer Promo-Mail anklickst um „mal reinzuhören“ und erst nach dem komplett durchgelaufenem Album merkst was da die ganze Zeit so fluffig durchs Büro blubberte und nicht nur nicht genervt, sondern auch den ein oder anderen Mitnicker verursacht hat.
Seltene Momente sind das – zugegeben.
Aber dann sind die Entdeckungen umso netter.
Die neue Late Night Tales von Sasha läuft hier grade das bestimmt zwölfte Mal durch und der Browsertab mit dem Player hält sich wacker seit einigen Tagen offen.
Sasha hatte ich eigentlich gar nicht mehr auf dem Schirm.
Klar, der war mal ne ganz große Nummer in den frühen 90ern und soweit ich mich erinnere auch einer der ersten DJs die „Superclubs“ mit „Supergagen“ bespielt und das Doppel-, und Dreifachbooking pro Abend eingeführt haben. Und anscheinend treibt der gute Mann sich auch immer noch in den DJ Top 100 rum.
Digweed, Tong, Cox, Oakenfold, Jules, Rampling – in der Liga darf man Sasha wohl einordnen. Ihr wisst schon. Also eigentlich kein „Must-Listen“ Release für mich aber in der Kombi mit Late Night Tales dann doch interessant.
Die DJ Mixe und Compilations auf Late Night Tales sind eher bekannt für „Was hören DJs privat“ oder „Meine Roots“ oder Homelistening Mixtapes mit eher ausgefallen Crate Digger Tracklistings. Bands, Produzenten und DJs wie Four Tet, Air, Trentemøller, Bonobo, Röyksopp, Franz Ferdinand und viele andere haben schon Mixe geliefert und ich bin erklärter Fan der Serie.
Die Late Night Tales von The Cinematic Orchestra ist einer der besten Mixe in meiner Sammlung und ein echter, zeitloser Klassiker. Tom Findlay mit seiner Yacht-Rock / Slow-Disco Definition ist auch hörenswert und ein Tipp für die echt kitschigen Momente im Leben.
2015 haben dann noch Nils Frahm und Jon Hopkins ziemlich interessante und schräge Mixe draufgelegt und man darf gespannt sein, was da noch kommen mag.
Jetzt aber kommt im April also erstmal Herr Sasha mit seinem Mixtape dran und macht erstmal alles anders.
Sein Beitrag zur Serie ist zwar ein durchgehender Mix aber nur mit eigenen Stücken – erinnert ein wenig an Ricardo Villalobos mit der fabric #36.
„Ich liebe post-minimalistische moderne Klassik, ich liebe es etwas komplett anderes als im Club zu hören. Etwas dass das System durchspült.“
Inspiriert von Max Richter, Nils Frahm und Steve Reich sind bei Sasha und seinen Mit-Produzenten haufenweise Tracks entstanden, die wohl nicht so recht in die clubtauglichen Releases seines Labels passen wollten. Und angeregt von Jon Hopkins Mix auf Late Night Tales hat man einfach die komplette Sammlung ans Label geschickt, die das ganze gleich zur nächsten Release Nummer gemacht haben. Vielleicht lags aber auch an der grade erst verkündeten Koop mit finetunes und einem so erweiterteren Vermarktungs- und Vertriebsradius.
Soweit die Entstehungslegende.
Insgesamt ein satt produziertes und geräumiges Chillout, Afterhour oder Autobahn Werk, kein reiner Ambient oder Downbeat Geschlacker, sondern ein ruhiges, rundes und sehr eingängiges Album. Da weiß jemand mit seinem Studio umzugehen und hat sich auch viel Mühe für Sounds und Komposition gegeben.
Manche Tracks gehen fast schon in Richtung Soundtrack, manchen wirken wie vergessene B-Seiten von Stadionhymnen. Natürlich hat alles einen sympathischen UK Akzent, aber eben ohne ins kommerzielle abzudriften.
Bei zwei Nummern konnte sich der Alt-Trancer dann doch die Vocals (Ultraista und John Graham) nicht verkneifen und bringt damit auch direkt den aber einzigen cheesy, schmalzigen Patzer im Mix.
Läuft gut durch.
Schönes Album.
Late Night Tales presents Sasha: Scene Delete
Label: Late Night Tales
Released: 1st April 2016
Format: 3xLP // CD // Digital // Deluxe Box Set