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Martin Eyerer: etwas abseits von „4 to the floor“ Clubmusic?

Hi Martin, zwei Jahre sind nun vergangen seit deinem letzten, zugleich auch deinem ersten Soloalbum, „Word of mouth“. Nun erscheint im Oktober, dein neues Album „Tiny little Widgets“. Zu erst einmal die Frage, nach dem „warum“? Warum hast du dich entschlossen, gerade jetzt wieder ein Album zu produzieren? Vor allem ist der Musikmarkt momentan doch nicht in der allerbesten Verfassung.

Ist es da nicht gerade besonders schwierig ein solches Format zu platzieren – oder erhoffst du dir gerade durch das Format – Album – neue und verstärkte Akzente setzen zu können?

Ich finde, so ein 2 Jahres-Rhythmus ist ziemlich gut, um einerseits wieder genug Inspiration zu sammeln und andererseits auch genug Abstand, um seine musikalische Entwicklung zu dokumentieren. Genau das ist es auch, was ich an einem Album schätze. Bei einem Album, denke ich, sollte es nicht wirklich ausschlaggebend sein, wie der Musikmarkt zum Releasezeitpunkt ist. Klar macht es natürlich keinen Sinn, als Newcomer gleich ein Album rauszuhauen. Wenn man aber schon ein etablierter Künstler ist, dann hat man ja schon so eine Art Grundfanbase, die sich auf jeden Fall auch schon mal für das Album interessiert. Ob sie es dann kauft, hängt dann natürlich vom Album selbst ab. Gerade in Zeiten immer kürzerer Halbwertzeit der einzelnen Releases, ist es sicherlich immer wichtiger, Musik mit etwas mehr Bestand herauszubringen. Das ist auch das, was ich auf diesem Album etwas anders gemacht habe: nicht nur 12 DJ Tools, sondern auch ein paar Stücke , wo ich auch mit Vokals gearbeitet habe.

War „Word of mouth“ doch eher ein DJ Album, mit überwiegenden Clubtracks, so ist „Tiny little widgets“, eher ein Album „zum hören“. Es zeigt die verschiedenen Facetten des Künstlers Martin Eyerer. Von clubbigen Techno- House Tunes über jazzige, latino und folk angehauchte Stücke bis hin zu „easy listening“ ist alles vertreten. Sehr schöne, melodiöse, emotionale Vocal-Tracks runden das Ganze ab. Wolltest du bewusst zeigen, dass Martin Eyerer auch „anders“ kann? Also etwas abseits von „4 to the floor“ Clubmusic?

Ja, das ist das, was ich eben genau angedeutet habe. Ich wollte nicht nur zeigen, dass ich mehr drauf habe, als mit Ableton tools zusammen zu schieben, sondern auch meinem Studio gerecht werden und etwas mehr Substanz rein bringen.

Im Übrigen bestand für mich hier auch die Kunst darin, die Gratwanderung zwischen nicht nur Club aber dennoch nicht zu weit weg von Martin Eyerer zu sein. Das ist das andere Extrem, das nicht funktioniert: als DJ oder Producer Downbeat oder Pop Nummern zu machen. Bei Tiny Little widgets ist das Tempo der Stücke zwischen 116 und 126 bpm, sie wären theoretisch alle im Club spielbar, man kann das Album aber auch gut so hören. Was die reine Clubseite angeht, habe ich ja auch 4 oder 5 Stücke wie catweasel, the shark oder el paso-juarez auf Cd1. Cd2 besteht dann aus 14 Remixen – rein für DJs gemacht.

Hier habe ich zu den 14 Originalen eben nochmal 14 Remixe machen lassen. Da habe ich ausschließlich entweder gute und respektierte Freunde ans Werk gelassen oder Producer, deren Sachen ich viel spiele. Die Liste kann sich sehen lassen: Thomas Schumacher, Namito, Stephan Hinz, Tom Clark, Florian Meindl, Niko Schwind, Martin Woerner, Nicole Moudaber, Chase Buch und Nick Olivetti, Sasse vs. Phonogenic, Mihalis Safras, Benny Grauer und Tigerskin.

Für „Tiny little widgets“ hast du auch gezielt mit anderen Künstlern zusammen gearbeitet. Ein Highlight hierbei ist definitiv die Kooperation mit Kosheen, für den Track „Your move“. Erzähl uns doch bitte, wie es zu dieser Zusammenarbeit gekommen ist. War ja sicherlich auch nicht einfach, oder?

Sian (Kosheen) hat eine der besten Stimmen die ich kenne. Da ich in den letzten 10 Jahren schon 3 Remixe für sie gemacht habe, wusste ich natürlich, dass die Band auch auf meine Sachen steht. Das war schon mal der Türöffner. Bis dann aber final auch endlich Vokals aufgenommen wurden, war das nochmal ein ganz schöner Act. Mit dem Management gabs ziemlich zähe Verhandlungen und ich hatte denen dann irgendwann mal geschrieben, ok dann lassen wir’s eben, ich kann mein Album nicht nochmal 2 Monate nach hinten schieben. Am Montag drauf war alles dann doch noch unterschrieben und es ging los. Ich freue mich sehr darüber, denn „Your move“ ist bestimmt einer der Highlights auf TLW und wird auch als erste Single releast.

Es gibt ja auch noch Features mit anderen Künstlern. Beispielsweise bei „The Circle“ oder „Un empujon“ Wie hast du diese denn ausgewählt und warum?

The Circle hat Tayfun Ünlü gesungen. Mit ihm und Phil Barnes habe ich letztes Jahr eine Band gegründet. Die hat aber nix mit DJ Martin Eyerer zu tun und wir machen auch keine Clubmusik. Da lag es nahe, mit Phil unserem Sänger und Tayfun unserem Gitarristen was zu machen. Bei unempujon habe ich durch Zufall America Rodriguez kennen gelernt und wollte eh was mit südamerikanischem Vibe machen.

Dein Album erscheint diesmal auf dem Kölner Label Blu Fin. Was bei dem ein oder anderen sicherlich für etwas Verwunderung gesorgt hat. Hätte man doch eher damit rechnen können, dass es auf deiner eigenen Plattform „Kling Klong“ erscheinen würde. Was hat für dich den Ausschlag gegeben, Blu Fin das Vertrauen zu schenken?

Bei der Flut an Releases muss man, wenn man ein Album rausbringt, schon mehr machen, als das einfach in die Shops zu stellen. Das könnte sonst komplett unter gehen. Mit Blu Fin arbeite ich schon eine Weile und weiß daher, wie gut die so ein Thema arbeiten können. Da die auch gleich echt sehr überzeugt vom Album waren, habe ich in dem Fall meinen Plan, das auf Kling Klong zu machen, verworfen. Blu Fin hat da deutlich mehr Möglichkeiten und Tools. Deswegen arbeiten jetzt international 4 große Promoagenturen an TLW und es passiert auch so sehr viel, was Marketing angeht.

Im Rahmen des Albums, wird es natürlich auch eine Album-World-Tour geben. Diese führt dich diesmal verstärkt durch Deutschland, sowie durch den größten Teil Europas, aber auch nach Australien, Südamerika und Asien. Gibt es eigentlich Clubs bzw. Gigs die du im Rahmen der Tour zum aller ersten Mal besuchst?

Ja, den einen oder anderen Club davon kenne ich noch nicht. Es sind ein paar Länder dabei wo ich zum ersten Mal bin wie z.B. Malaysia, Bali oder Dubai. Ansonsten bin ich ja schon so viele Jahre unterwegs und spiele regelmäßig um den ganzen Globus. Da arbeitet man meistens immer mit den selben Promotern, wenn beide Seiten zufrieden sind. Es ist aber auf jeden Fall toll, dass die Tour komplett ausgebucht ist und mit 50 Tourstops, die mich in über 20 Länder führen, auf jeden Fall ein Erfolg und eine spannende Sache.

Sind auch Events, Clubs, Länder oder Städte dabei, auf die du dich ganz besonders freust?

Ja auf jeden Fall die oben genannten, wo ich noch nie war und dann sind meine Favourites immer: Südamerika generell, China, Indien Australien und man höre und staune Libanon.

Lass uns abschließend noch einen Blick in die Zukunft werfen: Wie geht’s für dich weiter, nach der großen Tour. Was sind deine Ziele für die nächsten Monate und Jahre, oder speziell für 2011. Sind vielleicht sogar neue Projekte geplant?

Ja klar. Denn wie sagt man so schön, vor der Tour ist nach der Tour und das gilt auch fürs Produzieren. Ich will mich das nächste halbe Jahr auf das schon angesprochene Bandprojekt konzentrieren. Dann habe ich neben einigen Remixen noch Kooperationen mit Thomas Schumacher, Chopstick und Namito geplant. Auch für Oli Klein werde ich etwas für sein Album machen .Es gibt also immer mehr zu tun, als ich Zeit zur Verfügung habe. Was ich auch für 2011 mehr angehe, ist verstärkt Nächte für meine Labels Kling Klong und Session Deluxe zu veranstalten.