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Mein Stuttgart: Martin Elber. Man amputiert ja auch nicht sein Bein, nur weil man sich das Knie aufgeschürft hat. Verstehste?

Irre, Schicksal oder einfach nur ein Zufall: Vor exakt 10 Jahren bin ich, damals noch beim Stadtmagazin re.flect tätig, vom damaligen Sub Culture Stuttgart Boss Daniel Brunner gefragt worden, ob ich für die November 2000 Ausgabe einen Beitrag für die überaus beliebte Rubrik „Ich und mein Stuttgart“ stiften möchte. Der Hintergedanke dieser Kolumne im Partysan ist, soweit mich der berühmteste aller Luftmatratzen-Taschenträger des Kessel gebriefed hat, derselbe wie früher im Sub Culture: Man solle doch bitte irgendetwas über seine Beziehung zu Stuttgart schreiben.

Damals war ich genauso eine Wurst wie heute und wusste ehrlich gesagt nicht, warum ich die Ehre hatte, diese sagenumwobende Kolumne im SC zu verfassen. Vor und nach mir waren nur Stars auf 105 x 148 mm (ohne Anschnitt) verewigt.

Viele lokalberühmte DJs, viele lokalberühmte Veranstalter und glaub sogar mal einer von den Fantas. Und dazwischen der kloi Elberts Martin. War im nach hinein gesehen wahrscheinlich so eine Art Zuckerle. Immerhin wollte mich der Brunski dringend als Chefredakteur für seinen Laden abwerben, was dann schließlich auch auf den 1. April 2001 geklappt hat.

So schrieb ich damals mittelscharf analysierend: „Auf dieser Seite der Sub Culture (Anm., „der“ Sub Culture! Jonger!) kam es mir seit jeher so vor, dass es für den Schreiber drei Möglichkeiten gibt: Zum einen der kollektive Rundumschlag, so dass danach kein Club mehr wächst, zweitens die Huldigung der City, so dass man von dem (imaginären) Heiligenschein über dem Kessel schier erblindet oder drittens, der eigene, schwere und steinige Weg in Stuttgart.“

Und was hab ich gemacht? Bissle über meinen Job gelabert, dass ich „Mein Stuttgart“ quasi monatlich auf 96 Seiten banne, das nicht immer ganz einfach ist, aber auch schwer interessant sein konnte, und ich dadurch mitunter Leute wie den wie Strachi oder Bubbi Schuster kennen lerne durfte.

Zugegeben, damals war ich noch leicht zu beeindrucken.

Die Möglichkeiten heute sind für eine derartige Glosse sind scheinbar dieselben, liest man nur mal den Text vom wirklich hochverehrten Kollegen Herrn Klangschneider im vorletzten Monat. Jammern, freuen, selbstreferentieller Mischmasch. Die Frage ist, ob man auch so verfahren würde, wenn die Seite z.B. „Mein Krefeld“ oder „Mein Hannover“ oder „Mein Bochum“ heißen würde. Ich glaube fast nicht, obwohl man dann allen Grund dazu hätte. Ich vermute, diesen Spannungsbogen beherrschen dummerweise nur wir Stuttgarter.

Dabei ist es doch ganz einfach, mit „meinem Stuttgart“. Ich bin hier geboren, und ich lebe eben hier. Hab noch nie darüber nachgedacht wegzuziehen. Man amputiert ja auch nicht sein Bein, nur weil man sich das Knie aufgeschürft hat. Verstehste? Wehwehchen gibt’s überall. Und Arschlöcher auch. Das hat mir meine Mutter schon ganz früh beigebracht.

„Martin, Arschlöcher gibt’s überall!“, hat sie gesagt.

Das war jetzt gerade sehr Dokutainment-RTL2-VOX-mässig geschrieben. Erst erklärt der Sprecher, was die Gefilmten tun gleich werden („In zwei Stunden soll die neue Bar eröffnen. Noch immer ist kein Bier da.“), die Gefilmten sagen es dann nochmals („Wir eröffnen in zwei Stunden und wo ist das Scheiß Bier?!“). Ist ja hier nen Techno-Magazin oder? Da ihr alle druff seid, bin ich von der Redaktionsleitung angehalten worden, derartige direkten Wiederholungen im Text einzubauen.

Schön so ein Klischee oder?