Dustin Zahn: Ich bete zu Allah dass ihr mich nicht in einem Club findet.

Dustin Zahn DJHi Dustin ! Um hier gleich mal mit Türe ins Haus zu fallen – es wäre cool, wenn du dich unseren Lesern kurz vorstellen könntest.

Hi! Ich heiße Dustin Zahn und wurde in einem kleinen Land namens Vereinigte Staaten von Amerika geboren, das angeblich das Land der Freiheit und die Heimat des „american dreams“ ist. Es wird so genannt, weil du einschlafen musst, um ihn zu sehen. Ich mache deepe, hypnotische bzw. psychodelische elektronische Musik, da ich ein ziemlicher Kopfmensch bin. Ich mag aber auch gute Partys und mache deshalb manchmal auch etwas funkigeres. Manche Menschen scheinen meine Musik wirklich zu lieben, während andere denken, dass es sich um den schlimmsten, sich widerholenden Scheiß handelt, den sie je hören mussten.

Wo kommt dein Nachname „Zahn“ her? Wusstest du, was er im deutschen bedeutet?

Der Name kommt aus einem langen Stammbaum aus Ehrenmännern und Gelehrten. Und ja, ich weiß, was ein „Zahn“ ist. Viele denken, dass es ein Künstlername ist und cool klingt. Ich sage immer, dass er nicht schlecht klingt, solange man kein Deutsch spricht.

Du kommst direkt aus dem mittleren Westen der USA. Um ehrlich zu sein, kenne ich nicht viele Produzenten oder DJs von dort. Gibt es dort eine gute Technoszene?

Nun, historisch gesehen ist der mittlere Westen für einige der ersten und legendärsten Techno und Houseproduzenten verantwortlich. Aber da es für ein deutsches Magazin ist, werde ich weitermachen und erwähnen, dass der mittlere Westen in der Mitte der USA liegt und Detroit, Chicago, Wisconsin und Minneapolis einschließt, welche vor allem früher sehr wichtig waren für die jetzige Show, die wir internationale Technoszene nennen.

Um ehrlich zu sein, halte ich mich nicht wirklich auf dem Laufenden, was hier in kleinerem Maße abgeht, da ich nicht genug hier auflege, um jemanden zu beobachten. In Detroit gibt es Künstler wie Omar S., Kyle Hall, Reference etc. Hmmm, ich bin mir sicher, dass es viele gute DJs und Produzenten im mittleren Westen gibt, aber wenn du nach Namen fragst, kann ich dir sagen, das ich mit Decimal, DVS1, Kyle Geiger, Bobby Dowell und einigen anderen hier aus der Gegend in regelmäßigem Kontakt stehe. Ich weiß gar nicht, wie die Szene hier zurzeit ist. Aber um ehrlich zu sein, denke ich, dass sie ziemlich schlecht ist, verglichen mit der großartigen Szene vor 11-15 Jahren. Allerdings gehen in Minneapolis regelmäßig gute Partys.

Lebst du eigentlich das typische, amerikanische Leben, wie wir uns es hier vorstellen? Eine schöne Vorstadt, eine grüne Hecke mit einer weißen Mailbox davor, und wenn Du heimkommst, wartet deine Frau auf Dich mit frisch gemachten Burgern? 🙂

Nicht mehr, aber ja, es war so! Ich hatte alles. Das große Haus, den Zaun, den Hund, die schöne Freundin, blablabla. Aber ich habe alles verloren, außer meine Liebe zu Burgern. Seit ich den amerikanischen Traum aufgegeben habe für ein provisorisches Studio in Derek Plaslaikos Küche.

Du startest ja jetzt wieder eine weitere Europatour. Du spielst u.a. in Zürich, Stuttgart, Amsterdam und dem berüchtigten Berghain. Was ging bei deiner letztjährigen Tour und was erwartest Du Dir dieses Jahr?

Nun, eigentlich toure ich recht regelmäßig durch Europa, deshalb ist das nicht mehr nur ein jährliches Ding. Aber ich kann Dir verraten, dass die letzte Tour, früher in diesem Sommer, einige meiner besten Gigs des Jahres beinhaltete. Klar gab es auch schlechte, und ich hasse das zu sagen, aber du brauchst manchmal schlechte Gigs, damit du auf dem Boden bleibst und auch, um dich daran zu erinnern wie geil doch die guten Gigs sind.

Nun, wie kamst du eigentlich zum Produzieren und zum Auflegen?

Die Antwort ist leider nicht wirklich spannend oder witzig. Ich begann aus purer Langeweile zu produzieren als ich noch zur Schule ging. Dann begann ich bei Hauspartys und dann auf Raves aufzulegen. Eine Live-PA die ganze Zeit bedeutete allerdings zu viel Arbeit. Zudem hörte ich so viele gute Platten, die kein anderer spielen wollte also dachte ich, es ist eine gute Idee, es selbst zu versuchen und die Platten selbst zu spielen.

Was können die Leute von einem DJ-Set von Dir erwarten? Machst du alles spontan oder bereitest du eine Tracklist vor?

Ich glaube, ein guter DJ benutzt beide Methoden. Ich behalte immer viele Faktoren im Kopf, wenn ich ein Set auflege. Wenn ich in einen Club gebucht werde, suche ich die Tracks nach dem Programm, dem Sound, dem Veranstalter und der Location aus, in der die Party stattfindet. Werde ich beispielsweise für ein Technoset in Berlin gebucht, suche ich mir 10-20 Tracks raus, die ich auf jeden Fall spielen möchte. Ich suche mir auch ein paar Klassiker oder Bomben raus, von denen ich weiß, dass das gesamte Publikum alles vergisst, wenn ich den Track spiele und einfach nur abgeht. Was ich daneben nicht plane, ist also alles spontan oder dazwischen. Ich hasse es zu sagen, aber ehrlich gesagt tauche ich auf, habe eine geile Zeit, spiele Tracks und dazwischen gibt es diese speziellen Momente, die uns zu unserem Ziel führen. Es ist nicht Faulheit oder Unfähigkeit, ein sauberes Programm aufzustellen, aber ich denke es ist wichtig, soviel wie möglich in der Nacht der Improvisation zu überlassen weil es viel organischer ist. Ich spiele lieber Musik MIT den Leuten als Musik ZU ihnen zu spielen.

Wie sieht dein DJ-Setup aus?

Mein typisches und liebstes Setup besteht aus 2-3 Turntables, einem guten Mixer und einem Controller für meinen Laptop. Ich benutze Traktor mit Timecode, damit ich auch Vinyl spielen kann. Es sieht leider so aus, dass du nie weißt, in welchem Zustand sich das Equipment in dem Club befindet. Manchmal haben sie nicht mal mehr Turntables, also kann ich ehrlich gesagt auf allem spielen. CDJs, Turntables oder intern mit Traktor. Ich passe mich an, um zu überleben.

Oh, hab ich Dir übrigens gesagt, dass das ToY, in dem du im November spielst, bis 12 Uhr offen ist? Du kannst also ein langes Set spielen.

Das sind die besten News, die ich heute gehört habe!! 🙂

Du hattest unter anderem Releases auf Chris Liebings CLR Label und Adam Beyers Drumcode Label, die für viele Technoproduzenten DIE Labels sind, auf denen sie gerne etwas herausbringen würden. Wie kam es dazu, dass du auf diesen Labels released hast?

Eigentlich haben mich beide einfach gefragt. Adam hat meine Musik seit meiner ersten Platte supported und 4 Jahre später als er mich fragte, eine Scheibe für Drumcode zu machen, war es einer der besten Tage meiner kompletten Karriere. Leider hat es fast ein Jahr gedauert, bis ich etwas für ihn hatte und ich hielt es auch bis zum Release geheim, was wirklich schwer für mich war. Ich habe es nicht mal meinen Freunden oder meiner Familie gesagt im Falle dass ich es nicht hinbekomme.

Bei CLR weiß ich es nicht genau. Ich glaube, dass sie mich als DJ mögen. Ich machte ein paar CLR-Podcasts und werde auch noch weitere machen. Nach den Podcasts fragten sie mich, ob ich ein paar Remixe machen will, was mich natürlich sehr gefreut hat. Chris wollte auch ein paar originale Tracks von mir, die ich ihm seit beinahe 2 Jahren verspreche. Die werde ich auf jeden Fall machen, aber ich produziere zurzeit nicht mehr so ganz harte Sachen, also warte ich auf die richtigen Sachen, um sie ihm zu schicken. Ich weiß, dass er lieber auf was Gutes, Spezielles eine gewisse Zeit lang wartet und nicht irgend einen mittelmäßigen Track herausbringt, nur um ein Release zu machen. Ich denke, es wird Anfang nächsten Jahres soweit sein.

Neben deinen Releases auf Toplabels wie Rekids, Truesoul, Mindshake oder Drumcode und CLR, die ich gerade schon erwähnt habe, hast du noch dein eigenes Label Enemy Records. Die letzten Releases waren von Minilogue, Truncate incl. einem Jerome Sydenham Remix oder Jonas Kopp und deiner Wenigkeit. Wie lange betreibst Du das Label schon und was sind deine zukünftigen Ziele damit?

Ich gründete das Label 2004. Es sollte eigentlich ein Unterlabel von Abiotic Records werden, das mir mitgehörte. Mit Enemy ging es aber so schneller los als ich dachte, deshalb blieb ich dabei. Ich bin echt glücklich, dass es so gut läuft und werde so weitermachen. Ich habe keinen wirklichen Fahrplan für das Label, ich werde einfach weiter late-night Jams für wagemutige DJs releasen. Sollte ich keine Musik mehr verkaufen, mache ich das Label einfach dicht.

Lass uns etwas persönlicher werden. Was war das krasseste, das du während deiner Laufbahn erlebt hast?

Hmmm. Wahrscheinlich die Tatsache, dass viele Leute dachten „Electro-House“ wäre eine gute Idee.
Aber die „Even Further“ Partys mit den Massive Magazine Boys sind immer ziemlich heftig, wenn sie in Unterwäsche rumrennen und rohes Fleisch aufeinander schmeißen. Oder in Windeln gehüllt die neue Single von Britney Spears beatjuggeln, während auf den Videoleinwänden alte WWF Wrestlingkämpfe mit Hulk Hogan und Sgt. Slaughter laufen.

6 Fragen, 6 Antworten:

Bester Club?

Panorama Bar/Berghain. Es ist eine absehbare Antwort, aber ich werde seit 6 oder 7 Jahren, seit es aufgemacht hat, davon beeinflusst.

Lieblingsland?

USA!! Ich weiß, dass es nicht so cool ist, USA zu mögen, aber ich bin nicht auf der Highschool und ich gebe nichts auf Beliebtheitswettbewerbe. Es ist einfach nur auf viele Arten unglaublich und bietet für viele Menschen verschiedenste Potentiale. Allerdings ist es sehr leicht, verschwenderisch zu werden, wenn man hier lebt, aber ich denke auch, dass es ein Zeichen von Schwäche ist, wenn man so verschwenderisch lebt.

Aktueller Lieblings Technotrack?

Ich habe nicht wirklich einen, aber zurzeit finde ich „Peter van Hoesen – Rites de Passage (naeba variant)“ ziemlich gut.

Lieblingsessen?

Italienisch. Oder Pommes Frites

Vodka oder Bier?

Vodka, Ich trinke kein Bier.

Welchen Track hättest du gerne produziert?

Ehrlich gesagt habe ich diese Frage nie wirklich verstanden. Selbst die Platten, die richtige „Dustin Zahn“ Platten zum Auflegen sind, sind immer noch Sachen die ich nie als Musik schreiben könnte. Ich wünsche mir oft, dass ich Musik schreiben kann, wie manch einer meiner Lieblingskünstler. Ich fühle mich richtig zweitklassig im Vergleich mit ihnen. Tatsächlich ist Ice Cubes „It was a good Day“ über mich geschrieben. Es ist also wie die umgekehrte Frage – es ist meins, aber er hat es produziert.

Letzte Frage: Wo treffen wir Dich im Jahre 2041?

Hoffentlich auf einem Boot vor einer Küste, irgendwo, wo es warm und sonnig ist mit einer hübschen Frau und ein paar Kindern. Ich bete zu Allah dass ihr mich nicht in einem Club findet.

Danke dir vielmals für deine Zeit, und wir sehen Dich am 25.11.2011 im Club ToY.

Ich freu mich schon richtig drauf. Baut einen extra Bass ein 🙂