2007.04.05 Dominik Eulberg

Dominik Eulberg: Es ist im Grunde genommen ganz einfach: Tut immer das, worauf ihr Bock habt!

Hallo Dominik, erstmal herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst.

In dieser Woche läuft ja die Luminale in Frankfurt und Umgebung. Du hast gemeinsam mit der Hochschule für Gestaltung Offenbach eine riesige Engelstrompete als Licht- und Toninstallation gebaut. Welche Reaktionen habt Ihr bis dato dazu bekommen?

Die Reaktionen der Besucher und der Medien waren umwerfend. Wir haben 3 Blüten mit je einem Durchmesser von 12 Quadratmetern und 4 Metern Höhe gebaut. Die Grundstruktur besteht aus Weiderouten, die wir dann mit transluzenten Aluminiummembranen überzogen haben. Dazu habe ich eigens eine 26 minütige Klangreise komponiert, die über sogenannte Naturschallwandler abgespielt wurde. Das sind spezielle Lautsprecher, die den Schall wie in der Natur kugelförmig abgeben. In Verbindung mit einer auf die Musik abgestimmten Videoprojektion entsteht so ein organischer, multimedialer Raum, in dem sich Natur und Technik zu einem harmonischen Ganzen verbinden.

Zum Beginn Deiner Karriere hast Du mit den hohen Gagen als Top DJ gar nichts anfangen können und hast Deine Gagen verschenkt. Du wirkst eher bescheiden und scheinst mit Statussymbolen und Lifestyle Schnickschnack nicht viel am Hut zu haben. Was ist Dir persönlich wichtig und wofür gibst Du Dein Geld aus?

Ich weiß nicht hundertprozentig, was der Sinn des Lebens ist, aber mit 2 Millionen auf dem Konto irgendwann auf dem Friedhof zu liegen ist, kann nicht der Lebenssinn sein. Statussymbole wie schicke Autos interessieren mich in der Tat überhaupt nicht. Teure Kleidung kaufe ich mir auch nicht, sie ist ja ein Gebrauchsgegenstand und ist nach einer ersten Tour durch Feld und Flur meist eh direkt zerfetzt. Ich gebe mein Geld eher für teure Ferngläser, Spektive oder auch Hallgeräte und Synthesizer aus. Außerdem wohne ich direkt an einem Naturschutzgebiet, in dem ich der Flora &Fauna noch mehr Areal schenken möchte.

Überhaupt hat man den Eindruck, dass Du Dich von der „immer höher, immer weiter, immer besser – Spirale“ distanzierst und damit schon fast a-typisch für heutige Zeiten bist. Woher kommt das und was würdest Du verändern, wenn Du Einfluss darauf hättest?

Unser ganzes kapitalistisches System krankt doch gewaltig. Das fängt schon bei Geld an. Was ist Geld? Geld ist ein fiktiver Wert für einen tatsächlich vorhandenen Sachwert. Das war die ursprüngliche Idee. Doch in Zeiten von Rezensionen haben wir einfach immer mehr Geld gedruckt, der fiktive Wert entspricht dem realen schon lange nicht mehr und die berühmte Finanzblase wird immer größer und größer. Das ganze System funktioniert, so lange alle in die selbe Richtung rennen, immer weiter und immer mehr. Würden die Menschen die tatsächlichen Sachwerte einfordern und sich mal zurücklehnen wollen, würde unser ganzes System kollabieren, siehe Immobilienkrise USA. Das ist doch furchtbar! Mir kommen die Menschen oft wie ein Hamster in einem immer schneller drehenden Laufrad vor. Per Handy, E-Mails etc. sind alle ständig verfügbar und die Erreichbarkeit wird auch eingefordert. Das kann auf Dauer nicht gesund sein. Ich denke, das ist auch ein Grund dafür, warum ich mich für ein Leben in einem 246 Einwohner Dorf und nicht in einer Metropole entschieden habe.

Du hast gleich zwei berufliche Standbeine: Das geplante Standbein als Biologe und das eher ungeplante Standbein des erfolgreichen Musikers. Beides ist bei Dir Berufung und objektiv betrachtet ziemlich gegensätzlich. Viele Menschen suchen ja heute nach ihren Talenten bzw. ihrer Berufung, wie bist Du denn auf Deine Talente gekommen und was würdest Du anderen – insbesondere jungen Menschen – raten?

Es ist im Grunde genommen ganz einfach: Tut immer das, worauf ihr Bock habt! Es ist egal, was andere Menschen sagen oder was das elterliche Diktat vorschreibt. Man sollte nie einen langweiligen Beruf wählen, weil man meint, damit viel Geld zu verdienen. Dann hat man zwar Geld, aber ein beschissenes Leben und das bringt einem gar nichts. Wenn ihr Lust habt zu malen, dann malt. Wenn ihr Lust habt zu schreinern, dann schreinert. Wenn ihr Lust habt, Gedichte zu schreiben, dann schreibt Gedichte. Man muss sich dessen nur genau bewusst werden, was man will. Wenn man dann ein festes Ziel vor Augen hat und die Dinge leidenschaftlich und intrinsisch, also von innen heraus der Sache wegen macht, dann kommen Lohn und Brot von selbst weil die Mitmenschen so etwas spüren.

Unabhängig von Deinen musikalischen Vorstellungen für die Zukunft: Ich habe gelesen, dass Du sowohl für Cocoon als auch für Traum kreativ in Deinem Studio bist. Die Releases zumindest für Cocoon werden ja garantiert technolastig. Auf was können wir uns denn in den nächsten Monaten freuen?

Für Traumschallplatten arbeite ich gerade an vier sehr strahlenden, melodischen Stücken. Da ich meine Musik immer an ein Thema anlege, welches mir hilft, eine klarere Vision meiner Musik zu bekommen, habe ich mir diesmal Gesteine und Kristalle ausgesucht, die ich als Blueprint für meine Musik benutze. Wie etwa Landschaftsachate, das sind Gesteine, in denen Strukturen wie von Miniaturlandschaften zu sehen sind.

Inwieweit unterscheidet sich Dein künstlerisches Schaffen für die beiden Labels jeweils? Gibt es Vorgaben z.B. von Cocoon, welche Seite von Dir stärker in den Tracks ausgeprägt sein soll?

Nein, es gibt keinerlei Restriktionen von den Labels. Ich mache einfach meine Musik und dann schauen wir, was wo passt.

In den letzten Monaten warst Du zwar einige Male im Ländle, bist aber erst am 25. Mai wieder in Stuttgart. Wir Benztown-Schwaben sind ja sonst Eulberg verwöhnt und haben Dich mehrfach im Jahr bei uns. Warum hat es diesmal so lange gedauert?

Ganz einfach aus dem Grund, dass dieses merkwürdige Stuttgart 21 Projekt den schönen alten Rocker 33 Club plattgemacht hat. Da ich das Rocker als den besten Club der Stadt kennengelernt habe, musste ich einfach warten, bis eine neue Lokalität gefunden war.

An den Decks sieht man Dich meistens in Socken oder sogar barfuß, was dann auch schon mal zu kleineren Unfällen führen kann. Fühlst Du Dich im Booth wie in Deinem Wohnzimmer oder warum ziehst Du immer die Schuhe aus?

Das Darbieten von Musik ist einfach etwas sehr persönliches. Ich lasse die Hörer quasi in mein akustisches Wohnzimmer eintreten. Da fühle ich mich ohne Schuhe einfach sehr viel wohler und heimischer. Im Haushalt passieren nun mal aber auch die meisten Unfälle und so habe ich mir letztes Jahr bei einem Auftritt einen Zeh gebrochen, als eine volle Flasche Champagner durch die Bassvibrationen auf mein Zeh donnerte. Das ganze passierte ironischer Weise auch noch in dem holländischen Ort Leiden. Da war der Name Programm kann ich Euch sagen!

Last but not least: Welche Botschaft/Message hast Du heute für die SymPartysanten auf Lager?

Folgendes Gedicht von Hermann Hesse:

Wie haben sie dich, Baum, verschnitten
Wie stehst du fremd und sonderbar!
Wie hast du hundertmal gelitten,
Bis nichts in dir als Trotz und Wille war!

Ich bin wie du, mit dem verschnittnen,
Gequälten Leben brach ich nicht
Und tauche täglich aus durchlittnen
Rohheiten neu die Stirn ins Licht.

Was in mir weich und zart gewesen,
Hat mir die Welt zu Tod gehöhnt,
Doch unzerstörbar ist mein Wesen,
Ich bin zufrieden, bin versöhnt!

Geduldig neue Blätter treib ich
Aus Ästen hundertmal zerspellt,
Und allem Weh zu Trotze bleib ich
Verliebt in die verrückte Welt.

Wir sehen uns am 25. Mai im neuen Rocker33 – wir freuen uns auf Dich!