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Alex Bau > Vom Regen in die Traufe…

Alex Bau Techno Dj aus Deutschland Kolumne at PARTYSANHerzlich willkommen zurück aus der Sommerpause! Keine Ahnung warum es in der Septemberausgabe kein Tourbook von mir zu lesen gab. Entweder habe ich es wohl einfach vergessen eines abzugeben, oder aber es wollte mich keine Sau daran erinnern daß ich eines abgeben muß. Das wiederum sollte mich dann wohl nachdenklich stimmen…

Wie auch immer, hier bin ich wieder, und ich muß sagen es gab in den letzten Monaten einfach zu viele richtig gute Partys und Gigs, z.B. in Regenstauf (um für Bayern mal eine Lanze zu brechen…) genauso wie auf der Nature One oder auch im Ausland. Es wäre unfair da jetzt einen Gig hervorzuheben. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, daß es bei euch Sensationsschlampen (Sorry!) wohl einen direkten Zusammenhang gibt zwischen „Gefällt mir“ und „Wie tief steckt der Bau in der Scheiße“ gibt, und das Interesse sinkt rapide wenn ich nur ansatzweise berichte wie geil es auf einem Event war, und was ich mal wieder für ein toller Hecht gewesen bin. Obwohl ich Euch schon endlos oft erklärt habe, daß ihr die Party und die Hauptdarsteller seid, nicht ich, und ich einfach nur den Soundtrack zum Film liefere, den ihr dann schiebt!

Nun gut, dann will ich mal Crowdpleasing betreiben, und muß dafür wie angedeutet bis Ende Juni zurückgehen. Die Festivalsaison war bereits am laufen und früher gab`s zu dieser Jahreszeit auch noch so was wie schönes Wetter. Ja, damals war alles besser, das sowieso, und irgendwie stimmt es auch manchmal. Früher, als Techno und artverwandte Auswüchse noch nicht in jeder Dorfdisse gelaufen sind. Als echte „Macher“ die Partys veranstalteten, die wußten, was dazugehört. Als man noch keine Navis hatte, und auch mal auf den Beifahrer gehört hat, ja mehr noch, als Mama immer brav auf dem Beifahrersitz saß während Papa ohnehin immer am besten wußte wo es lang geht. Natürlich ohne Karte.

Aber gut. Der Reihe nach. Bei den Vorplanungen zum eben besagten letzten Wochenende im Juni stehe ich immer irgendwie im Dilemma. Zum einen macht da ein Freund in der Nähe von Linz meist seine mittlerweile überregional bekannte und berüchtigte Fullmoonparty, sogar wie das Vorbild am Wasser (wenn auch „nur“ der Ausee), aber mit doll laut Mucke und so, wie in Thailand. Zum anderen findet da aber auch immer eines der größten Technovolksfeste statt, und das in einer Gegend, die ansonsten nicht so bekannt ist für große Elektronikfestivals, was bedeutet daß sich alle mega drauf freuen und auch immer hinkommen: die Ruhr in Love in Gelsenkirchen. Das liegt im Ruhrgebiet, für die, die es nicht wissen sollten. Zum letzten Mal gab es in diesem Jahr, zumindest nach heutigem Kenntnisstand der Ermittlungen, den Zuschlag für das letztere Happening. Und einen Grund für diese Mutmaßung gab`s auch. Der wiederum liegt weniger an der Ruhr in Love selbst, denn die Veranstalter des Festivals können ja am allerwenigstens etwas dafür, daß es wie so oft in diesem Sommer aus Kübeln gepisst hat. Nein, der Grund liegt eher in der Afterparty, für die ich danach gebucht wurde, und nicht nur ich, auch andere, aber dazu später mehr.

Um es gleich mal vorwegzunehmen: es war der mit Abstand beschissenste Gig, den ich jemals absolviert habe. Hier also quasi die Chronologie eines Untergangs – damit ihr mal wieder was neues zum über mich lachen habt!

Schon circa drei Monate vor dem Termin war klar, wo ich am Freitag zuvor spielen würde, also ganz flugs dem Veranstalter der Bühne auf der Ruhr in Love bzw. der Afterparty Bescheid gegeben, daß es ganz in seinem finanziellen Sinne wäre den Flug von München nach Düsseldorf jetzt gleich zu buchen um Geld zu sparen, nachdem meinem Management schon fast die Haare ausgefallen wären bei solch zähen Gagenverhandlungen weil „das Budget js so eng gesteckt ist“ und so weiter. Um es abzukürzen: einen Tag vor der RIL ging Mr. „Ich habs voll drauf, das Partyveranstalten…“ zum Flughafen Düsseldorf um mir dort bar ein Ticket zu kaufen, nachdem er erst versucht hatte mir am Mittwoch eine Buchung unterzujubeln die ich dann bei Ticketabholung selbst hätte bezahlen sollen. Schelm ist, wer da böses vermutet, ja ja. Nach zwei Stunden Schlaf aufgrund des Gigs am Vortag saß ich dann mittags im Flieger nach Düsseldorf, und direkt von dort ging es dann per Auto zum im Wasser und Matsch ersaufenden Olga-Park in Oberhausen, wo ich dann nach „kurzer Wartezeit“ (O-Ton) gleich dran sein sollte. Du hast ja keine Ahnung wie lange drei Stunden sein können. Ok, kurz nach 16 Uhr dann: Go! Ein Wunder, daß sich vor der ganz am Rand des Geländes gelegenen Bühne doch noch ein paar treue Technoanhänger vollregnen ließen. Weniger schön, daß 10 Minuten nach meinem Setbeginn der Strom komplett ausfiel. Der erste Tiefpunkt, aber es sollte nicht der letzte bleiben. Einen weiteren Stromausfall und ca. 1h Stunde später hatte ich es dann geschafft, und als ich mich umdrehte stand Kollege B.S. (will jetzt keine weiteren Namen nennen, aber durchaus auch namhaft…) hinter mir, ebenfalls gebucht, und auf das Lächeln und „Hey B., wie gehts?“ erntete ich nur einen Blick von B. auf seine Taschen die nicht mehr schwarz sondern eher matschbraun waren, weil man es „Mr. Vollchecker“ es nicht organisiert bekam ihn am richtigen Bahnhof abzuholen, und er dann vom Taxifahrer ca. 1 km vom Geschehen entfernt seinem Schicksal überlassen wurde.

Ziemlich müde ließ ich dann anklingen daß eine Fahrt zum Hotel ne feine Sache wäre, und nachdem ausgelost wurde wer die 17km nach Essen ins dortige Hotel fährt ging es los, zurück durch den Matsch zum Auto. Das erste was mir auffiel: Das Navi im Auto war wohl nur „Deko“, denn gleich bei der Ausfahrt vom Parkplatz fuhr die Autofahrerin des Jahres rechts und nicht links wie vom Navi gefordert. War mir (noch) egal, kann ja sein daß man als Ortskundige(r) durchaus einen besseren Weg kennt als das Navi. Mit Betonung auf „kann sein“. Das gleiche Spiel dann immer wieder, bis der begleitende Beifahrer mal anmerkte, daß es schon Sinn machen würde den Empfehlungen des Navi Folge zu leisten. Das Gegenargument, daß es sich ja um die richtige Route handeln würde, da es ja so vom Navi angezeigt wurde (ohne zu erkennen, daß es sich laufend eine neuen Ausweg aus der Misere sucht…), ließ darauf schließen, daß es wohl noch etwas länger dauern könnte. Tja, wer kann, der kann. Als wir dann nach 30 Minuten (ich erinnere: 17km – laut Navi!) die richtige Autobahnausfahrt verpasst hatten konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, denn es galt zu vermeiden auch die nächste Ausfahrt zu verpassen denn „das Navi zeigt doch geradeaus an!“.

Oh Mann, ähm, sorry, oh Frau…“. Nach 44 Minuten dann: Ankunft am Hotel, kurz aus dem Auto, und auf meine Frage „Wie gehts weiter?“ hörte ich nur „Du, der Mr. … meldet sich“. Ja, was sonst, egal, ich war müde und ab gings in die Kissen.

Irgendwann kurz vor Mitternacht wurde ich dann doch mal neugierig und ich fragte bei einem weiteren, nicht unbekannten Act aus Belgien (der auch gebucht war) nach. Der erklärte sich dann freundlicherweise bereit, mich mitzunehmen, und so starteten wir zum Austragungsort der Afterparty, einer kleinen Disse an einer Hauptstrasse in Oberhausen, und nun nahm das Elend so richtig seinen Lauf. Nicht nur daß keine Leute drin waren außer einer Handvoll Stammgäste, die wohl öfters dort sind, und mit Techno so viel am Hut zu haben schienen wie die Mr. … mit reibungsloser Organisation. Der wiederum war nirgends auffindbar, und so langsam schwante mir, daß das ganze ziemlich übel enden würde. Aber gut, wie geplant fing ich um zwei Uhr an mit meinem Set, und schon kam der Barkeeper mit tollem Ruhrpott-Akzent „Ey, mach ma leiser, du machst mit deine Bässe de ganze Anlage kaputt, is ne Ansage vom Chef, los…“. Aha.

15 Minuten später ein Bestandteil des eben erwähnten Inventars: „Ey, wat soll dat denn sein, spiel ma wat anderes, dat Bumm Bumm kann ich in mein Keller auch machen, ey…“. Ich wurde langsam sauer. Wieder 10 Minuten später noch einer, der sich voll auskannte: „Ey, wat soll de Scheiße, spiel ma wat anderes, hast doch hier so ne Laptop, da muß doch auch noch wat anderet drauf sein, oder wat bistn du fürn DJ, ey…“.

Ok, das Maß war voll, und ich schnappte mir nen Resident von Mr. … und erklärte ihm daß meine gerade laufende Nummer noch genau drei Minuten dauern würde, und daß er genau so lange Zeit hat sich zu überlegen wie es nun weitergehen würde, denn von mir würde es danach definitiv kein „Bumm Bumm“ mehr geben, weil ich ja kein schlechter DJ sein will. Gesagt, getan. Nachdem mein Kram verräumt war kam der obligatorische straighte Gang zur Kasse, wo die rechte Hand von Mr. … (der noch immer nicht anwesend war) stand, und dem gemessen am Gesichtsausdruck schon klar war, was jetzt kam: „Ok, pass auf, ich sag das jetzt genau einmal: Du wirst mir jetzt sofort meine Gage auszahlen und danach wirst Du organisieren daß ich sofort zum Hotel gebracht werde. Und das ganze etwas plötzlich.“ Mann, ich muß echt auf 180 gewesen sein, denn 5 Minuten später hatte ich einen Umschlag in der Hand. Erstaunlich eigentlich woher das Geld kam, aus der Kasse kann es nicht gewesen sein, bei ca. 15 zahlenden Gästen. Ich ging zurück zu meinem Gepäck und gerade als ich um ca. 3:30 gehen wollte stand Kollege B. vor mir, der um 6:30 dran sein sollte. Ja, genau. „ Ey B., der Typ ist noch immer nicht da, schau daß du deine Flocken kriegst, und dann laß uns abhauen“. B. war erstmal sprachlos, von diesem katastrophalen Eindruck wie parallelisiert, und siehe da: auf einmal war er da, der Veranstalter des Jahres, der sich zuvor immer wieder telefonisch verleugnen ließ weil er ja noch „beim Flyern am Hauptbahnhof“ war. Tja, da hätte er die Flyer mal lieber rechtzeitiger verteilen sollen. So ein Spack!

Da saßen wir dann, Brian, Mr. … und ich im Backstage, und alles was zu hören war „Dieser hat was falsch gemacht, jener seinen Job nicht, dies ist scheiße gelaufen, jenes nicht eingehalten von irgendwelchen Leuten, aber ich… ich hab alles richtig gemacht, ich bin ja das arme Opfer, das von allen nur im Stich gelassen wird!“. Ok, mir reichte es jetzt endgültig. Ich bin der letzte mit dem man nicht normal reden kann in einer schwierigen Situation, vor allem wenn ich merke daß da echt etwas unerwartet schief gelaufen ist. Wenn aber klar wird, daß man glaubt man weiß alles besser, schlägt Empfehlungen, lange vor dem Event, eine andere Location zu benutzen, aus, kriegt die Werbung nicht auf die Reihe, sucht dann am Ende immer noch die Schuld bei allen anderen und zur Krönung versucht man nicht mal den Schaden zu begrenzen und den Dialog mit den Artists zu suchen, dann fliegen bei mir alle Sicherungen und ich bin auf einmal gar kein cooler Fonzie mehr. Da B. seine Gage natürlich noch nicht hatte, und mir der Typ nur noch auf den Sack ging machte ich ne Ansage auch im Namen des noch immer verdatterten zB.:

„Ok, Sportsfreund. Es sieht jetzt so aus: Du hast jetzt genau 5 Minuten Zeit die Gage von B. aufzutreiben, wir kommen dann wieder, und wenn das Geld nicht da ist nehmen wir deinen Mixer als Pfand mit.“

Tja, man sollte die Solidarität unter Künstlern nicht unterschätzen… 5 Minuten später natürlich kein Geld da, was sonst, und so verließen wir mit einem Mixer unterm Arm den Club und der Albtraum hatte zumindest bis zum nächsten Morgen, an dem ich natürlich nicht abgeholt und zum Flughafen gebracht wurde, ein Ende. Alles was noch kam war eine Mail nach einer Woche an mein Management, so sinngemäß „Ich kann ja gar nix dafür, und alle waren ja so schlecht zu mir, denn ich habs ja eigentlich voll drauf…“. Ach Gott, ja, und wie! Ich kann nur sagen: Fullmoon 2012, ich komme!