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Alex Bau > Vinyl- und Kommunikationsfrust in Zürich

Alex Bau Techno Dj aus Deutschland Kolumne at PARTYSANNeulich war ich mal wieder in der schönen Schweiz, bzw. um genau zu sein in deren noch schönerer Metropole Zürich.

Gern komme ich da hin, wirklich eine außergewöhnliche Stadt mit einer tollen Atmosphäre in der man sich wohl fühlt und es gut aushalten kann.

 

Natürlich muß man mit voll aufgeladener Kreditkarte dorthin fahren, und immer wieder amüsieren mich die Werbeplakate der amerikanischen Schnellrestaurantkette mit dem großen „M“, auf denen der Cheeseburger als Sonderangebot für nur 2,50 CHF angeboten wird, was in etwa 2,00 Euro entspricht, und den Cheeseburger somit doppelt so teuer macht wie bei uns.

Egal, in der Schweiz ist das ein Schnäppchen, und einem wird klar wer in finanztechnischer Hinsicht in Europa wirklich die Hosen an hat.
Laß es dir schmecken!

Also, gerade angekommen in Zürich und voller guter Dinge wurde ich nett am Flughafen in Empfang genommen und gleich ging`s los in Richtung Club wo ich wie gewohnt erst mal meinen ganzen Technikwahnsinn aufbauen wollte.

Quasi kurz vor dem Abbiegen auf den Clubparkplatz erfuhr ich noch, daß nebenan, nur getrennt durch ein ebensolches Schnellrestaurant wie eingangs erwähnt, auch Dubfire in der Stadt ist, und auch mein Buddy Juan Pablo Pfirter war im Großraum Zürich zu Gange.

Na ja, nichts ungewöhnliches in Zürich, wo sich die Dj`s die Hotelklinken in die Hand geben, also dachte ich mir erst mal nichts weiter. Die Schweizer wissen wie man Party macht, das habe ich schon oft genug am eigenen Leib erfahren dürfen, und sie halten auch drei mal Techno pro Abend aus.

Das nächste typische Merkmal für die Schweizer: sie sind gründlich.
Da stand also tatsächlich ein extra für mich aufgebauter Tisch mit Stromanschluß, PA-Verbindung, Monitoren… nur leider irgendwie komplett an der falschen Stelle in der Ecke eines Clubs wo ich locker auch im Sitzen hätte spielen können, denn er hatte eine Höhe, die mich die nächsten beiden Wochen beim Chiropraktiker hätte verbringen lassen.

Also nicht ganz genau gelesen, den Technical Rider, aber zumindest bei weitem aufmerksamer als so manch anderer Kollege der Veranstalterzunft. Alles halb so wild, bei dem vorhandenen Standard-DJ-Pult wunderte es mich ohnehin daß da extra ein Tisch angekarrt wurde, da hätte ich mit Vinyl, CD und Digital gleichzeitig spielen können, und es wäre immer noch Platz für den obligatorischen Wodka-Lemon gewesen.

Also kurzes „Grübel-und-Studier-warum-fahren-wir-nicht-zu-Dir“, und zack, schon war die Entscheidung gefallen: Alex am normalen DJ-Pult, nachfolgender Liveact am Tisch für Alex, alles klar?

Ein Info vorab über die ohnehin vorhandenen Platzverhältnisse hätten da einiges an Arbeit erspart, aber gut…
Ok, Koffer auf, Controller-Gedönse raus und ab jetzt nahm der Abend eine Wendung in die eher negative Richtung: Da lag er, mein 39,95 Euro (48,73 CHF) Midi-Controller, den ich einfach liebe weil er so einfach strukturiert ist und somit perfekt für den nächtlichen Clubeinsatz geeignet ist: Die Buchse zum Anstecken des USB-Kabels irgendwo im Inneren des Controllers, so daß dieser maximal als klackerndes Percussion-Instrument geeignet war, aber bei weitem nicht mehr um einen Rechner damit zu steuern.

Shit!
Profi genug habe ich für solche Fälle immer noch einen weiteren, alternativen Controller im Handgepäck, für den ich dann zwar im Hotel eine Midi-Mapping Session würde einlegen müssen, aber immer noch besser als Emails auf der Bühne zu checken.

Du erinnerst Dich evtl. an ein vorangegangenes Tourbook, da war doch was in Madrid… kein Unterschied ob`s die Swiss kaputt macht, oder die Iberia verliert. Verloren hat immer der DJ, der nicht wie gewohnt spielen kann, vor allem in der Schweiz, denn da gewinnt ja ohnehin bekanntlich immer die Bank, oder wie war das?
Egal, ich schweife ab…

Na ja, war ja noch Zeit, und aufgrund der Nähe des Hotels war auch der obligatorische Besuch im NewPoint, Zürich`s quasi 24h Dönerbude und fast schon Kulttreff an der Hardbrücke, nicht gefährdet, denn wer gibt denn nicht gerne mal 9,50 CHF (7,79 Euro) für eine Kebap-Box aus wenn man die gleiche in Berlin für nen Euro bekommt.

Für die Schweizer selbstverständliche Preise lassen einen Deutschen dort immer in schweren Depressionen zurück, weil man einfach zwangsläufig den Eindruck gewinnt man ist pauschal so eine Art Hartz4-Empfänger wenn man einen deutschen Pass besitzt.
Laß es dir schmecken!

Wie auch immer, das Midi-Mapping fertig erstellt ging es dann um 2 Uhr Richtung Club, denn nach dem ersten kommentarlosen (wichtige Information am Rande!) Spielzeiten-Vorschlag des Veranstalters (5-7 Uhr) konnte ich die von mir favorisierte Spielzeit von 3-5 ergattern, die nach meinen zahlreichen Erfahrungen überall auf der Welt für den sogenannten Headliner des Abends sicher angebrachter ist, als dann von 5 Uhr bis zum Schluß um 7 noch die Reste von der Tanzfläche zu kratzen und sich den fragenden, zum Teil vorwurfsvollen aber auch verständlichen Blicken von so manchen Clubgänger auszusetzen, ganz nach dem Motto „schön daß du es auch schon in den Club geschafft hast, du Penner, ich warte seit 1 Uhr auf den angekündigten Mainact, du arroganter Pisser-DJ, der sich für was besseres hält und glaubt es sei cool bis 4 Uhr im Hotel abzuhängen und auf meine Kosten die Minibar zu leeren…“.

Schönheitsfehler an diesem Abend: wäre super gewesen, wenn jemand da gewesen wäre, um mir überhaupt irgendeinen Blick zuzuwerfen.
Oh mann.
Man denkt sich als Gast-Act dann immer „Na ja, wird ja vielleicht gleich voll, ist ja erst 2:30“, aber gleichzeitig wird einem klar daß das nichts mehr wird an diesem Abend.

Egal, auch die 10-15 Anwesenden haben Eintritt bezahlt und ein Recht auf Party, also Laptops angeschlossen, und auf einmal fängt einer meiner beiden Rechner an „Bildschirmdisco“ zu spielen und wechselt ständig, fast im Rhythmus des Beats, zwischen zwei Ansichten hin- und her, was es unmöglich macht Tracks auszuwählen und abzuspielen.

So langsam bekam ich einen Hals auf das alles, und als ich zur Überbrückung der benötigten Zeitspanne zur Fehlerbeseitigung unter dem DJ-Pult eine CD in meiner Tasche suchte, fielen meine Blicke auf die beiden abgestellten Technics 1210, die an diesem Abend keiner mehr benutzen würde, und die mich da unter dem DJ-Pult wie degradiert und fertig zur Abholung durch den Sperrmüll fies angrinsten, so als wollten sie mir sagen „Tja, Alex, war doch Deine Entscheidung kein Vinyl mehr mit uns zu spielen, der Teufel soll dich holen, dich und Deine Midicontroller. Was haben wir alles für Dich getan, für die ganze Technobewegung! Wer war es denn, der Euch DJs das Mixen ermöglicht hat? Wer war es denn, der Euch Djs zu Superstars gemacht hat, der es Euch ermöglicht hat euer schwarzes Gold, dem ihr euren Namen verdankt, überall auf der Welt auf die gleiche Weise, ohne große Umsteckerei und Technikfrust den Leuten darzubieten, noch dazu einer Soundqualität an die kein MP3 der Welt herankommen wird, niemals! Na los, geh schon, schmeiß Deine Midicontroller in den Müll und check Emails, bevor die CD aus ist… DU JUDAS!“

Bevor es dann ins Hotel ging noch die Abrechnung und ein Smalltalk mit dem Veranstalter, in einer solchen Situation immer eine delikate Angelegenheit die etwas Fingerspitzengefühl erfordert.

Eine kleine Diskussion über die Mehrkosten des ausgeliehenen Equipments auf Basis meiner Anforderungen im Technical Rider, die mit einem Anruf vorab und einer Nachfrage halt einfach vermeidbar gewesen wären. Offenbar gibt es allerdings Kollegen meiner Zunft, die da weniger flexibel sind, und auch mal einen Gig ausfallen lassen nur weil ein Kabel nicht vom richtigen Hersteller ist, wie mir im Gespräch berichtet wurde.

Ganz ehrlich, liebe Plattenspieler: ich denke diese Kollegen sollten zum Teufel gehen, nicht ich, oder am besten umschulen auf „Diva“, wobei das schnell und einfach gehen dürfte, denn sie sind es ja schon.

Schon mal was davon gehört daß man als DJ mit dem Veranstalter im gleichen Boot sitzt?
Als ich dann den Club verließ, es muß so ca. 6 Uhr gewesen sein, war die Tanzfläche auf einmal voller und nur zwei Tage nach dem Event am Montag erhielt ich über ein soziales Netzwerk mit dem großen weißen „F“ zwei Nachrichten daß sich einige gewundert haben warum ich denn nicht in Zürich gespielt habe wie angekündigt, denn es wäre fett gewesen, so ab 6 wurd`s voll und wie immer in diesem Club war erst am Sonntagmorgen der Peak mit ca. 450 Leuten erreicht.

Hätte ja auch mal jemand vorher sagen können daß es bis 12 Uhr geht und der Slot von 5-7 die Peaktime, und nicht das Closing ist.

Lieber Veranstalter der nächsten Party: Sprich mit mir!

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